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Binnenländer.
Die nordöstlichen
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den Verkehr zu stören Wagen, macht man mit ihnen kurzen
Prozess, wie mit dem berüchtigten Schwarzen Christoph von Rey-
sewitz, der 1513 zu Liegnitz an den Galgen gehenkt wurde.
Aber es bleibt nicht bloss bei solchem kräftigen Verfolgen
materieller Interessen. Der schlesische Volksstamm, als äusser-
ster Vorposten gegen den kulturlosen slavischen Osten gestellt,
wahrt mit hoher geistiger Regsamkeit sein Vorrecht, an den
Gränzmarken deutsche Sitte und Bildung auszubreiten. Breslau
versucht 1505 wiederholt, jedoch vergebens, vom päpstlichen
Stuhl die Erlaubniss zur Gründung einer Universität zu erlangen.
Dasselbe ist bei Liegnitz der Fall. Luthers Lehre wird im gan-
zen Lande schnell und freudig aufgenommen, die Reformation
gelangt ohne Kampf, fast ohne Widerspruch zur Durchführung.
Nicht bloss die Fürstengeschlechter des Landes neigen sich ihr
zu, auch die Städte wetteifern in ihrer Förderung. In Breslau
führt Johann Hess aus Nürnberg, der 1522 als Pfarrer an die
Magdalenenkirche berufen wird, schon 1525 die neue Lehre voll-
ständig durch. Zwar bleiben der Bischof sammt dem Domkapitel,
den Stiftern und Klöstern der alten Kirche treu; aber fast das
ganze Land wendet sich von ihr ab. Damit geht ein frisches
Aufblühen der Wissenschaften Hand in Hand. Gelehrte Schulen
werden in Breslau, Brieg und Goldberg gestiftet; namentlich die
letztere erlangt unter Valentin von Trotzendorf weitverbreiteten
Ruf, so dass nicht bloss aus Deutschland, Böhmen und Polen,
sondern selbst aus Ungarn, Litthauen und Siebenbürgen Schaaren
von Lernbegierigen, namentlich aus dem Adel, ihr zuströmen.
Thomas von Rhediger bringt auf langjährigen Reisen einen Schatz
von Irlandsehriften, Büchern und Kunstsaehen zusammen, die er
1575 seiner Vaterstadt Breslau vermacht und damit den Grund
zur Elisabethbibliothek legt. Erst mit Kaiser Rudolph II beginnt,
wie in den übrigen österreichischen Provinzen, auch 'in Schlesien
die Verfolgung und Unterdrückung des Protestantismus. Die
Jesuiten vollführen auch hier ihr Werk der Geisterknechtung, und
für Schlesien hebt jene unselige Epoche an, welche erst mit der
preussischen Besitzergreifung ein Ende nimmt. Dennoch lässt
sich der elastische Geist dieses begabten Volksstammes nicht
ganz unterdrücken, und die Erneuerung der deutschen Poesie
findet hier ihren Ausgangspunkt.
Kein Wunder, dass unter solchen Verhältnissen die Kunst
der Renaissance rasche Aufnahme fand. rWieder bestätigt sich
die Wahrnehmung, dass die der geistigen Bewegung der Refor-
mation zugethancn Volksstämme Deutschlands auch für die Er-
neuerung der Kunst das Meiste gewirkt haben. Noch ein Umstand