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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Allein zwischen den beiden mächtigen Königreichen Polen und
Böhmen gelegen, wurde Schlesien, das mit dem deutschen Reiche
nicht in politischer Verbindung stand, lange Zeit zum Spielball
und Zankapfel seiner Nachbarn, bis es sich unter die Oberhoheit
der Krone Böhmen stellte und durch Karl IV dauernd mit die-
sem Lande vereinigt wurde. Das 15. Jahrh. brach unheilvoll
über Schlesien herein; durch die verheerenden Züge der Hussiten-
schaaren, durch die Kämpfe gegen Georg Podiebrad. wurde das
Land zerrüttet und verwüstet. Erst durch den Schutz des mäch-
tigen Matthias Corvinus (1469) kehrte Ruhe und Frieden zurück.
Handel und Verkehr hob sich und dehnte sich nach allen Seiten
aus; mit dem Anbruch des 16. Jahrhunderts gehörte Schlesien
zu den blühendsten und wohlhabendsten Provinzen Deutschlands.
Besonders War es die glückliche Lage Breslau's, welche die
ausgedehntesten kaufmännischen Unternehmungen begünstigte.
Weniger durch eigenen Gewerbfleiss als durch den lebhaft und
mit umsichtiger Kühnheit betriebenen Handel that die schon da-
mals mächtige Stadt sich hervor. Auf der Gränze zwischen Süd-
und Norddeutschland gelegen, zugleich gegen den slavischen Osten
als ausserster Punkt germanischer Kultur vorgeschoben, wurde
sie ein wichtiges Emporium für den Verkehr zwischen Osten und
Westen, Süden und Norden. Nicht bloss Augsburger und Nürn"
berger, selbst Venezianer Hauser hatten ihre Niederlassungen in
Breslau; umgekehrt gründen die Breslauer ihre Filialen in den
Städten Süddeutschlands, Flanderns und Italiens. Der Verkehr
erstreckte sich bis Venedig im Süden, bis Brabant und England
im Nordwesten, ostwärts bis Preussen und Russland, Ungarn und
die Walachei. Ja über Polenisuchten die muthig-en Kaufleute
den Weg bis in den fernsten Osten, ohne sich durch barbarische
Gesetze abschrecken zu lassen, wie jenes in der polnischen Stadt
Plotzko, Welches den Breslauer Bürger Hans Rindfleisch, der in
der Herberge dort von seinem Wirthe bestohlen worden war,
zwang den Dieb selbst an den Galgen zu bangen, wenn er nicht
von ihm aufgeknüpft werden wollte. 1) Eingeführt wurden nament-
lieh niederländische und englische Tuehe, Gewürze, Salz und Wein,
Häringe, Aale und Lachse; die Ausfuhr erstreckte sich auf Wolle,
Eisen, Steine, Getreide, Wein und Bier. Obwohl 1506 schon ge-
klagt ward, der Handel mit Polen und Russland habe sich nach
Posen hingezogen, kann man im Gedeihen der Stadt keine Ab-
nahme bemerken. Vielmehr steht die Macht der schlesischen
Städte auf ihrem Höhepunkt, und wo etwa adlige Schnapphähne
Klose, Breslau in Stenzel,
scriptt.
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