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III.
Buch.
in Deutschland.
Renaissance
derten Felder sind Rosetten, Laubwcrk und Masken geschickt
vertheilt; den Mittelpunkt der Dekoration jedes Raumes bildet
aber eine mythologische Figur, die jedesmal in einem organischen
Zusammenhange mit der übrigen Dekoration steht und dieselbe
in sinnvoller Weise beherrscht. In der Ausführung dieser Werke
waltet jene geniale Leichtigkeit des Skizzirens aus freier Hand,
wie wir sie in antiken Dekorationen und dann wieder in den
besten Werken der italienischen Renaissance finden. Es wird
wohl keinem Zweifel unterliegen, dass diese Arbeiten auf Italiener
zurückzuführeusind. Wenn man ohne Weiteres annimmt, dass
dieselben aus der Zeit Ferdinands I stammen, so kann ich weder
unbedingt bejahen noch verneinen, da die jetzige Verwendung
des Gebäudes eine Untersuchung unmöglich macht. Bemerken
muss ich jedoch, dass die Proben, welche ich in Abg-üssen ge-
sehen habe, eher auf die Zeit Rudolphs II zu deuten schienen.
Dass neben diesen kaiserlichen Bauten bald auch der hohe
Adel zu künstlerischen Unternehmungen schritt, erkennt man an
dem stattlichen Palast Schwarzenberg auf dem Hradschin,
einem Bau vom Jahre 1545. Zwei im rechten Winkel zusammen-
stossende Flügel bilden den Hauptbau. Die.hohen Giebel sind
derb und breit geschweift, die Gesimslinie des Daches wird durch
eine Reihe kleinerer Vorgesetzter Giebel in Volutenform bekrönt.
Dies ist ein den slavischen Gegenden eigenthiimliches Motiv, das
sich z. B. am Rathhause zu Brüx und der Tuchhalle zu Krakau
wieder-findet. Die ganzen Flachen des Palastes sind übrigens
verputzt und mit Sgraffiten, meist facettirten Quadern, aber auch
freiem Ornament dekorirt. Schon hier also ist keine Einwirkung
der italienischen Arbeiten vom Belvedere zu spüren.
Aber auch an städtischen Bauten kommt die Renaissance
bald zur Verwendung. So sieht man am AltstadtischenRath-
haus, einem im Wesentlichen gothischen Bau, über dem rund-
bogigen Doppelportal eine Fenstergruppe selbdritt mit höherem
und breiterem Mittelfenster, in zierlicher Frührenaissance deko-
rirt. Kannelirte Pilaster mit Füllhörnern in den frei korinthisiren-
den Kapitälen bilden die Einfassung, dies Alles in etwas scharfer
und trockner Behandlung, aber mit einem schönen Bandfries
verbunden. Darüber in der Mitte ein Rundbogenfeld mit elegant
antikisirender Gliederung, welche das Wappen umschliesst. Im
Fries liest man: Praga caput regni. Ueber den Seitenfenstern
dagegen sind wunderlich gothisirende Aufsätze üalenartig ange-
bracht. So wächst also hier wie in den meisten Gegenden
Deutschlands die Renaissance noch mit der Gothik zusammen.
Das Eisengitter ist aus späterer Zeit, dagegen sieht man ein