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XII.
Die österreichischen Länder.
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mit leichten Rippen, das auch nach aussen mit seiner charakte-
ristischen Form und der Kupferbedeckung sich geltend macht.
Ohne Frage haben dabei die grossen Säle der Basiliken von
Padua und Vicenza als Muster vorgeschwebt. Wie sehr die-
selben die damaligen Architekten interessirt haben, erfuhren wir
schon durch die Aufzeichnungen Schiekhardts. Die Wände des
oberen Saales werden durch Rahmenpilaster getheilt, deren zart
gebildete, frei korinthisirende Laubkapitäle das Gebälk tragen,
an dessen Fries der Doppeladler als Ornament wiederkehrt. Im
Uebrigen ist von der ursprünglichen Ausstattung des Innern nichts
mehr erhalten; die modernen Fresken vermögen dieselbe nicht
Zu ersetzen.
Von ebenbürtigem Adel der Formen ist der Springbrunnen,
welcher der Gartenfront dieses Lusthauses gegenüber errichtet
wurde. Dies geschah freilich erst 156551) ein Jahr nach Fer-
dinands Tode, und zwar wird als Verfertiger ein einheimischer
Künstler, der kaiserliche Büchsenmeister Thoman Jarosclz genannt;
die Figuren goss der von den Arbeiten in Innsbruck her bekannte
Gregor Lößlerß) Es wird wohl weitaus der edelste Renaissance-
brunnen diesseits der Alpen sein (Fig. 174). Auf prächtig phan-
tastischen Figuren ruht die schön geriefte Schaale, mit einem
Relieffries von Masken und Palmetten gerändert. Aus ihr erhebt
sich ein kraftvoller Ständer, nach der Sitte der Zeit mit Figuren
llmkleidet, deren Bewegung stark ins lllalerische fällt. Der obere
Theil des Standers, durch edle Gliederung und anmuthige Orna-
mente ausgezeichnet, trägt die obere Schaale, die wieder mit
überaus elegantem Reliefschmuck bedeckt ist. Die Krönung des
Ganzen bildet ein Putto, der auf einem Jagdhorn blast. Reich-
thllm der Ausstattung verbindet sich mit rhythmisch bewegtem
Aufbau und edler Gliederung zu trefflichstei- Wirkung. Bezeich-
nend, dass es einheimische Künstler waren, die ein so edles
Werk im Geiste echter Renaissance zu schaffen vermoehtenß)
Um dieselbe Zeit liess Ferdinand I am Jagdschloss zum
Stern durch zwei italienische Steinmetzen gewisse Arbeiten vor-
nehmen. Georg Podiebrad hatte 1459 das Schloss im Thiergarten
bei Prag, etwa eine Stunde westlich von der Stadt, am nord-
westlichen Abhange des Weissen Berges, erbauen lassen, wobei
er demselben, zur Erinnerung an seine erste Gemahlin Kunigunde
e;
l) Die histor. Daten in Förtefs Bauzeit. a. a. O. und dazu eine Abb.
äme neuere treffliche Aufnahme in den Blättern der Wiener Bauschule.
l S0 wird wohl zu lesen sein und nicht Georg, wie unsere Quelle angiebt,
3) Unsere Abb. ist nach der von der Wiener Bauschule veröffentlichten
schönen Aufnahme angefertigt.