Dragonern und Jesuiten das Papstthum wieder hergestellt wurde,
ist bekannt genug. Fü1' das künstlerische Leben ist bei ober-
flächlicher Betrachtung dies furchtbare Schicksal hier minder
störend gewesen; hat doch sogar Mertens in einem übrigens
geistvoll geschriebenen Aufsatz über Prag und seine Baukunst 1)
die spätere Zeit des 17. Jahrhunderts als solche gerühmt, „wo
das monarehische System seine grössten Segnungen entwickelte",
während die Zeiten des Hussitismus und Protestantismus nach
seiner Ansicht "weit zurück stehen gegen diejenigen, zu denen
das Restitutionsedikt hinführte." Ich vermag diese Ansicht nicht
zu theilen. Ich lasse mich durch die gewaltigen Prachtbauten,
mit welchen die Barockzeit grade Prag so imposant geschmückt
hat, nicht blenden. So grosse künstlerische Kräfte hier thätig
waren, so kommt in diesen Werken doch nichts Anderes zu
Tage als die schwere und doch freudlose Pracht jenes späten
Barockstils, der gleichsam auf den Fittichen des Jesuitismus von
Rom aus die ganze katholische Welt eroberte und den geistlichen
und weltlichen Palästen jener Zeit dasselbe Gepräge einer frem-
den Kunst aufdrückte, die nicht mehr von den frischen Quellen
des Volksgeistes getränkt wird. Grade Böhmen zeigt trotz so
vieler Zerstörung noch jetzt eine bedeutende Zahl von Denk-
mälern der Renaissance, die in den Tagen des Hussitismus ent-
standen sind. In ihnen erkennen wir denselben Prozess der An-
eignung, Umbildung und Verschmelzung der fremden Formen,
den wir in den meisten Gebieten Deutschlands, namentlich den
protestantischen antreffen. Auch hier das Anschmiegen an heimische
_ Sitte und Ueberlieferung, das naive Vermischen antiker Formen
mit denen des Mittelalters, kurz überall die Frische eines selb-
ständigen Ringens und Schaffens. Daraus entwickelt sich dann
in den späteren Decennien des '16. Jahrhunderts eine ähnlich
kräftige, wenn auch schon vom Barockstil angehauchte Renais-
Sauce wie in Deutschland. Ganz unvermittelt stehen daneben
einige künstlerische Unternehmungen der Habsburgischen Herr-
Scher des Landes. Vor "Allem das Belvedere Ferdinands I und
die künstlerischen Schöpfungen Rudolphs II. _Zu diesen werden
fremde Meister, namentlich Italiener berufen, die in der That
einige lllusterrverke edelster Renaissance, vor Allem jenes köst-
liche Juwel des Belvedere, hinstellen. Aber es sind fremde
Ellclaven, Blüthen einer ausländischen Kunst, die keinen Ein-
Üuss auf das Schaffen der heimischen Meister gewinnen.
1) In Förstefs
Allg. Bauzeit.
1845.