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XII.
österreichischen Länder.
Die
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Deutschland, der mit solcher Pünktlichkeit durch zahlreiche aus-
führliche Inschriften ich habe deren gegen ein Dutzend ver-
zeichnet über den Fortgang der Bauführung Bericht gäbe.
Das früheste Datum ist 1496, das späteste an dem colossalen
Grabstein des Erzbischofs an der Südseite der Kapelle 1515.
Aber auch hier sind alle Formen noch gcthisch, und das Figür-
liche zeugt von deutschen Künstler-banden. Auch der unvergleich-
liche vielfarbig glasirte Ofen im Speisesaal, eins der grössten
und schönsten Prachtstücke seiner Art, zugleich der früheste mir
bekannte, da er die Jahrzahl 1501 trägt, ist im Aufbau, den
Ornamenten und den figürlichen Reliefs noch völlig mittelalterlich.
Man sieht also, dass hier die italienische Renaissance, die damals
überall in Oesterreich schon einzudringen begann, noch völlig
unbekannt war. Eine selbständige Blüthe scheint ihr überhaupt
in Salzburg auch später nicht zu Theil geworden zu sein.
Böhmen
und Mähren.
Von allen übrigen Oesterreichischen Ländern unterscheidet
sich im Verlauf der künstlerischen Entwicklung das Königreich
Böhmen. Schon früh nimmt es auch politisch eine gesonderte
Stellung ein und weiss seine Selbständigkeit am längsten zu
behaupten. Durch vielfache Beziehungen zu den benachbarten
deutschen Gebieten gewinnt seine Kultur bereits im Mittelalter
manch kräftigen Impuls, am wirksamsten unter Karl IV (1346
bis 1378) durch die Verbindung mit der Lausitz, der Oberpfalz
und den Brandenburgischen lilarken. Die Hussitische Bewegung
liefert den Beweis wie früh der Volksgeist hier zur kirchlichen
Reform und Vertiefung des religiösen Lebens drängte; aber der
durch Kaiser Sigismunds schroffe Maassregeln herbeigeführte
Hussitenkrieg (1419 bis 1435) knickt die Blüthe des Landes und
legt einen grossen Theil prächtiger Denkmäler in Asche. Dennoch
1st genug übrig geblieben um zu beweisen, dass das Land während
der letzten Zeiten des Mittelalters die durch französische und
deutsche Meister hereingetragene gothische Kunst mit lebendiger
Theilnahme aufgenommen und selbständig ausgebildet hat. Wenn
auch nicht grade durch besondere Feinheit und harmonische Durch-
blldllng, zeichnen sich doch die Werke der böhmischen Gothik
durch manchen originellen Zug, durch kühne Constructionen, wie
311 der Karlskirche zu Prag, durch üppige Dekorationslust, wie
311 den Chören des Domes zu Prag und der Kirche zu Kutten-
berg, endlich durch eine gewisse malerische Phantastik, wie an