Kap-
XII.
Länder.
österreichischen
Die
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den
lokalen
klimatischen
Verhältnissen
mit
Nothwendigkeit
her-
vorgegangen.
Zeigt Bozen in seinen belebten engen Gassen und dicht ge-
drängten Häusern die Handelsstadt, so prägt sich. die geistliche
Residenz in dem stillen, von Klöstern und Kirchen erfüllten
Brixen aus. Der Privatbau ist im Ganzen ohne feinere Durch-
bildung. An der hohen Facade vertreten die häufig vorkommen-
den polygonen Erker deutsche Sitte; aber die überhängenden
Dächer, die Balkone vor den Fenstern und mehr noch die viel-
fach angewendeten steil aufsteigenden Zinnenkrönungen an
die kastellartigen Adelspaläste Verona's und andrer italienischer
Städte erinnernd gehören dem Süden. Vielfach müssen auch
Malereien, ebenfalls nach dem Vor-bilde der benachbarten Städte
Oberitaliens, ursprünglich die Facaden belebt haben. Ein hübsches
Beispiel vom J. 1642, graue decorativc Fresken, Putti mit Guir-
landen, musicirende Kinder, Festons mit lustig flatternden Bändern,
sieht man an einem Hause auf dem linken Flussufer bei der
Brücke. Auch die Schmiedekunst hat sich in den Eisengittern
der Balkone mannichfach erprobt. Künstlerisch durchgebildet
findet man den Typus dieses Privatbaues an einem stattlichen,
der Nordseite der Pfarrkirche gegenüberliegenden Privathaus
(Fig. 170). Die verputzten Flächen zeigen mehrfach Spuren
grauer dekorativer Malereien, Fruchtschnüre mit flatternden Bän-
dern. Mit ihnen muss der rothe Stein der Pfeiler, Gesimse und
Fenstereinfassungen treülich eontrastirt haben. Im Innern bildet
Sich ein grosser Flur, dessen Kreuzgewölbe auf mittelalterlichen
Säulen mit schlanken Blattkapitälen ruhen. Von hier steigt die
ebenfalls gewölbte steinerne Treppe mit kräftiger Balustrade
empor. Neben ihr bleibt ein schmaler Gang frei, der zu dem
überaus engen Hofe führt, dieser auf der einen Seite durch eine
Vßrgekragte Galerie, die oben von rohen Säulen aufgenommen
wird, noch mehr eingeengt. Es ist die Anlage, welche fast über-
all hier wieder-kehrt.
Der geistliche Charakter der bischöflichen Residenz spricht
sich vor Allem in den zahlreichen Kirchen aus. Der Dom mit
Seinem Zubehör bildet ein ganzes Conglomerat kirchlicher Ge-
bäude, künstlerisch nicht eben erheblich, für unsre Betrachtung
ohne Werth. Doch mag daran erinnert werden, dass der übera
aus reiche Freskenschmuck der romanischen Kreuzgänge Wieder
auf südliche Einflüsse deutet. Die Architektur dagegen scheint
hier in keiner Epoche höhere künstlerische Durchbildung er-
fahren zu haben. Dies gilt auch von dem stattlichsten Gebäude,
dem südwestlich vom Dom liegenden Bischöflichen Palast,