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III.
Buch.
in Deutschland.
Renaissance
Anordnung von Säulen in den Intercolumnien erreicht. Aber die
Formen sind hier ganz kunstlos, die Behandlung, ohne Kenntniss
bestimmter Ordnungen, völlig roh. Man sieht wieder wie
gering in diesen Gegenden, sobald man auf italienische Künst-
ler verzichten musste, die selbständigen Leistungen ausfallen.
Auch die mehrfach an Privathäusern, z. B. in der Burgstrasse,
vorkommenden Arkadenhöfe verrathen dieselbe knnstlose Be-
schaifenheit.
Um so auffallender ist ein vereinzeltes Bruchstück, das sich
in einem Privatgarten der St. Veiter Vorstadt, im ehemaligen
Ebnenschen, jetzt Woodleyschen Garten voriindet. Man hat das-
selbe als antiken Cippus betrachtet und unter die römischen
Alterthürner Kärnthcns aufnehmen zu dürfen geglaubtl) Es zeigt
in der That auf den vier Seiten Thaten des Herakles in flachem
Relief, auf gekörntem Grunde, in einer Behandlung, die sich
namentlich durch den Wurf der Gewänder, durch die conven-
tionelle perückenartige Darstellung der zweimal vorkommenden
Löwenmähne, endlich durch die ganze Auffassung der mensch-
lichen Gestalt deutlich als Werk ober-italienischer Bildhauer der
Frührenaissance verräth. Der Kenner jener Kunstrichtung kann
keinen Augenblick in Zweifel sein, hier Geistesverwandte jener
Sculpturen vor sich zu haben, mit welchen die italienische Plastik
gern das Aeusse1'e ihrer Gebäude geschmückt hat. Die nächste
Analogie bieten gewisse Reliefs an der Facade der Capella Col-
leoni zu Bergamoß) Könnte aber noch ein Zweifel bleiben, so
würden die architektonischen Formen denselben zum Schweigen
bringen, denn das krönende Gesims mit dem Karnies, welches
den "Stein umzieht, gehört der Renaissance; noch mehr aber die
Reliefnachahmung einer Geländerdocke, wie sie nur an den
Balustraden der Renaissance vorkommt. Man sieht dieselbe an
der einen Seite, wo Herkules seinen Arm um sie legt; ein un-
widersprechlicher Beweis, dass wir es hier mit dem Theil des
Geländers einer Treppe oder Galerie zu thun haben, wie sie
genau in derselben Form im Schlosse zu Spital vorkommen.
Da nun vollends dort am Portal der Gartenseite die Postanrente
der Pilaster gleichfalls mit Herkulesdarstellungen in demselben
Stile geschmückt sind, so liegt die Verrnnthung- nah, dass das
Fragment in Klagenfurt ursprünglich ebenso zur Ausstattung
jenes Schlosses bestimmt gewesen, dann aber irgendwie hieher
verschleppt worden sei.
1) Mich. F. v. Jabornegg-Altenfels, Kärntems röm.Alterthümer. p. 145
u. Taf. CCCLXIX. i) Vgl. darüber W. Lübke, Gcsch. der Plastik,
II. Aufl. p. 574.