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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
wie der ganze Kern des Baues ist im Charakter italienischer
Hochrenaissance durchgeführt, edel und klar, eben so frei von
der spielenden Dekoration der Frühzeit wie von den entarteten
Formen des Barocco. Nur an dem zweiten etwas einfacheren
Bogenpoltal, an der linken südlichen Seite, sieht man gebrochene
Giebel als Bekrönung. Ein weiterer Zusatz, von 1644 datirend,
enthält ein prächtiges Portal in kräftig entwickelten Formen,
flankirt von Nischen mit etwas manierirt bewegten Statuen.
Prachtvolle Thürbeschläge und Klopfer, sowie schön componirte
Gitter an den Fenstern zeugen von der Tüchtigkeit der kunst-
reichen Schlosser und Schmiede. Am Fries über dem Portal
sind die Wappen von fünf-steirischen Adelsfamilien angebracht.
Das Hauptstück des ganzen Baues ist aber der grosse Hof
mit seinen edel durchgebildeten Pfeilerhallen, von denen Fig. 162
eine Anschauung giebt. Durch einen grossen Flur mit Tonnen-
gewölbe und Stichkappen auf dorischen Pilastern gelangt man
in diesen Hof, der ein mächtiges Rechteck bildet, an der öst-
lichen Frontseite von zehn Arkaden, an der nördlichen von
fünfen eingefasst. In der nordwestlichen Ecke ist die Freitreppe
angelegt, die in steigenden Arkaden zum Hauptgeschoss auf-
wärts führt. Der westliche Flügel ist ein brillanter Rococobau,
der den Ständesaal enthält. In der einspringenden Ecke an der
Treppe lieg-t die Kapelle, ebenfalls ein späterer Kuppelbau. Der
südliche Flügel endlich ist ein charakterloser moderner Zusatz.
Der Hof erhält durch die in einfach edlem Dorismus italienischer
Hochrenaissance durchgeführten Arkaden den Eindruck vorneh-
mer Gediegenheit, die durch die Ausführung in trefflichem Qua-
derbau gesteigert wird. Die Wasserspeier mit ihren Tragstangen
sind kunstreich durchgeführt (vgl. Fig. 163). Auch die Wetter-
fahne des Uhrthurms mit dem feuerspeienden Panther zeigt cha-
raktervolle Behandlung. Die Haupttreppe zum Vorderbau führt
im östlichen Flügel mit gerade gebrochenen Laufen ins obere
Geschoss, wo sie auf kraftvoll behandelte Bogenportale mündet.
Alles dies ist im Geist italienischer Kunst durchgeführt.
Der sogenannte Rittersaal, der sich im westlichen Flügel
neben dem Ständesaal hinzieht, ist ohne architektonische Bedeu-
tung. Aus dem vorderen Hofe führt ein gewölbter Durchgang
an der Westseite in einen einfacheren Nebenhof, dessen vier-
eckige Fenster jedoch eine feine Einfassung im Charakter edler
Hochrenaissance zeigen. Von hier gelangt man zur Rückseite
des Gebäudes durch ein einfacheres, aber ebenfalls charaktervoll
entwickeltes Bogenportal. Einen besondern Schmuck erhält de1'
Haupthof durch den prächtigen Ziehbrunnen, eine der reichsten