Kalb
Renaissance des
Die
Geistes.
deutschen
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hat. Die weiteren Spuren des italienischen Einfiusses inder
deutschen Kunst, aber auch die Selbständigkeit, Welche letztere
irotzdem zu bewahren weiss, werden wir später zu beobachten
aben.
Ausser den künstlerischen Kreisen waren es aber zahlreiche
andere Beziehungen zum Süden, welche die Einflüsse nach allen
Seiten verbreiteten. In erster Linie wirkt hier der ausgedehnte
Verkehr, in welchem der deutsche Handel immerdar mit Italien
stand, Augsburg und Nürnberg, zugleich die Vororte der dama-
ligen deutschen Kunst, allen andern voran. Dazu kamen die
Schaaren von deutschen Studenten, welche fortwährend nach
Italien zogen, um auf dessen hochberühmten Universitäten ihren
Studien obzuliegen. Mit Interesse verfolgt noch jetzt der deutsche
Wanderer ihre Spuren in den Arkadenhöfen der Universitäten
V0n Padua und Bologna, wo ihre Namen und Wappen nicht den
kleinsten Theil der prächtigen Dekoration ausmachen. Endlich
Zieht es auch den Adel, meistens freilich im Gefolge seiner Fürsten,
nach Italien hinein, und das Resultat ist feinere Sitte, freierer
Weitblick, höheres Interesse für alles geistige Schaffen, nament-
lich für die Kunst. Der niedere Adel selbst kann freilich dieses
am wenigsten bethätigen, denn seine Mittel sind gering, und
wenn er nicht als Landedelmann verbauern will, muss er froh.
sein, im Hofdienst, im Heere oder in der Verwaltung eine Stelle
Zu finden. Auch vom Kaiserthum war keine durchgreifende För-
derung der Künste zu erwarten. Maximilian I ist der. einzige
Kaiser dieser Epoche, der die Kunst der Renaissance mit Theil-
nahme gepflegt hat; aber auch bei ihm beschränkte sich dies
auf jene bekannten Holzschnittwerke und auf sein prachtvolles
Grabmal zu Innsbruck. In allen diesen Unternehmungen spürt
lnan freilich entschieden den Hauch der neuen Zeit. Dem
deutschen Fürstenthume war es neben dem kernigen hochgebil-
deten Bürgerthume vorbehalten, die neue Kunst in monumentalen
Werken zum Ausdruck zu bringen. Wie dies im Einzelnen ge-
schehen, haben wir später zu betrachten, aber schon hier ist
hervorzuheben, dass im Gegensatz zu der durch den Hof und
Seine Einflüsse fast ausschliesslich beherrschten Kunst in Frank-
reich wir in Deutschland zwar nicht so grossartige Monumente
ünden, in denen sich die Macht eines einheitlich geschlossenen
Königthums verkörpert, dafür aber in einer fast unabsehbaren
Reihe von Leistungen bescheideneren Massstabes die ganze reiche
Mannigfaltigkeit, welche ein Vorzug unseres Volksthums ist.