Kap.
XII.
österreichischen Länder.
Die
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angefangenen Werken etliche Fehler naehwies, welche dem Bau-
meister selbst entgangen waren. 1) Besonders aber theilte er die
damals herrschende Vorliebe für antike Münzen, deren er eine
bedeutende Sammlung angelegt hatte!) Von der Kunstliebe
Seines gleichnamigen Sohnes, welcher 1557 Philippine Welscr
zu seiner Gemahlin machte, legen die Uebcrreste im Schloss
Ambras und mehr noch die Schätze der Ambraser Sammlung in
Wien Zeugniss ab. Im Ganzen beschränkte sich jedoch der
Kunstsinn der habsburgischen Fürsten auf Bewährung eines regen
Sammcltriebes und diesem vor Allem sind die kostbaren Schätze
alter und neuer Kunst zu verdanken, welche noch jetzt Wien zu
einer der reichsten Fundgruben für künstlerische Studien machen.
Aber diese ästhetische Gesinnung, so hoch immer sie angeschlagen
werden muss, war nicht durchgreifend genug, um monumentale
Werke von höherer Bedeutung in grösserer Anzahl zu schaffen.
Die Aufgaben, welche die unruhigen Zeiten grade diesen Herr-
schern stellten, waren zu complicirter Natur, um Musse und
Stimmung für künstlerische Schöpfungen aufkommen zu lassen.
Das Streben, ihre Hausmacht zu befestigen und zu verg-rössern,
die Erwerbung und Sicherung Ungarns, die stete Gefahr der
türkischen Einfälle, die Schwierigkeiten, welche die Behandlung
der deutschen Reichszustände boten, Alles dies noch verstärkt
durch die unheilvolle Feindseligkeit gegen die Sache der Re-
formation, deren Förderung allein den Habsburgern die Ueber-
einstimmung mit dem Streben ihrer Völker und dadurch eine
unbezwingliche Macht und siegreiche Beherrschung aller Ver-
hältnisse gegeben hätte, dies zusammen musste für das öster-
reichische Kulturleben beeinträchtigend wirken. Der letzte Habs-
burger dieser Epoche, der durch Gemüthsanlage und Erziehung
gleich unglückliche Rudolph II, suchte durch Vernachlässigung
seiner Herrseherpflichten sich die Freiheit für allerlei private
Liebhabereien zu verschaffen, und der Glanzpunkt in seinem
sonst so verdüsterten Leben ist ohne Frage seine Liebe zu den
Künsten. Aber auch bei ihm äusserte sich dieselbe weniger
durch Hervorrufen monumentaler Schöpfungen, als durch An-
sammlung kostbarer Gemälde, Statuen, Juwelen, Schmucksachen,
Mosaikarbeiten und Curiositäten1). Erst neuerdings haben wir
durch urkundliche Mittheilungen ein Bild _v0n der Lebendigkeit
und dem Umfange dieser Liebhaberei empfangen. 1) Rudolph
hatte die für jene Zeit bedeutende Anzahl von 413 Gemälden
3) Gindely,
47 ff.
a. a. O. VIII, 770. 2) Ebenda, VIII, 694.
Urlichs in der Zeitschr. f. bild. Kunst V,