Kap-
Baiern.
Trausnitz.
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zimmer, dessen Decke auf zwei Holzsäulen ruht. Zwar sind die
grossen geschichtlichen Bilder an den Wänden, abgesehen von
ihrer starken Zerstörung, nicht grade vorzüglich; aber die Wand-
streifen enthalten auf weissem Grunde geistreich ausgeführte Or-
namente, und noch glänzender sind die einfassenden Glieder der
Decke, welche zwischen den neun grossen Bildern abwechselnd
auf leuchtend rothem und weissem Grunde köstliche Ornamente
zeigen. Da aber die Malerei sich unaufhaltsam vom Fussboden
bis zur Decke und selbst über die letztere hin erstreckt, so fehlt
jene planvolle Abstufung und Gliederung, welche in sämmtlichen
antiken Wsnddekorationen, namentlich den pompejanischen, das
Ganze bei allem Reichthum so maassvoll und ruhig erscheinen
lässt. Im Einzelnen wird man indess auch auf der Trausnitz
vieles Anziehcnde, ja Vortreffliche finden. Wie übrigens die
italienischen Anschauungen eingewirkt haben, erkennt man an
manchen Stellen, so besonders in jenem Zimmer, an dessen Decke
man die vier Jahreszeiten in gut ausgeführten grossen Bildern
sieht. Die obere Einfassung besteht hier aus einem kleinen
Fries, winzige Figürehen auf weissem Grund enthaltend, Phan-
tastisehes sowie allerlei Karnevalscenen und Maskenscherze in
geistreiehster Leichtigkeit der Darstellung. Man sieht, es war die
Zeit, da die vornehme Welt Europals nach Venedig und Rom
pilgerte, um den Karneval in seiner ausgelassensten Blüthe mit
zu machen.
In ähnlicher Weise bietet die sogenannte Narrentreppe in
ihren meisterhaft ausgeführten, leider unbarmherzig beschädigten
Fresken die weltbekannten Seenen der italienischen Komödie in
fast lebensgrossen Gestalten voll Laune und Uebermuth. Diese
1315191397 die vom Erdgeschoss bis in's oberste Stockwerk hinauf
fühTt und Voll unten bis oben mit Fresken bedeckt ist, gehört zu
einem besonderen Theile der Burg, der als italienischer Anbau
bezeichnet wird. (L K in unsrem Grundriss.) Derselbe enthält
nur wenige kleine Zimmer, deren künstlerische Behandlung sich
völlig von der in den übrigen Räumlichkeiten herrschenden unter-
scheidet. Hier ist nämlich die Malerei ausgeschlossen, mit Aus-
nahme der eben erwähnten Treppe, alles dagegen in plastischer
Gliederung mit wenigen Farbentönen auf weissem Grunde durch-
geführt. Damit hängt zusammen, dass die Räume sämmtlieh mit
Gewölben von mannigfaltiger Form und Eintheilung versehen
Silld- In einem Vorzimmer mit einfachem Tonnengewölbe be-
schränkt sich die Farbe in den Gliederungen auf ein kräftiges
Blau; das mit Weiss wechselt. In dem Hauptgemach, einem
Kabmet von rechtwinkliger Form, das Spiegelgewölbe mit Stich-