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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Ich gehe hier nur auf die Arbeiten aus den siebziger Jahren
des sechzehnten Jahrhunderts ein, die den Kern der künstlerischen
Ausstattung bilden. Dieselbe beschränkt sich auf die Zimmer des
Hauptgeschosses, zu jener Zeit offenbar die Wohn- und Empfangs-
räume der Herzöge. Während die Gemächer des darüber liegen-
den Stockwerks ganz mit Holz verkleidet sind, sowohl getiifelte
Wände, als auch hölzerne Decken zeigen, letztere mit trefflieher
Eintheilung und markiger Profilirung, sind die Säle des Haupt-
geschosses vollständig auf Malerei angelegt, so dass nicht bloss
die Wände ganz mit Gemälden überzogen sind, sondern auch
die flach gehaltenen Decken eine farbige Dekoration tragen. Die
Gemälde sind aber auf Leinwand ausgeführt, welche tcppichartig-
die Wände bekleidet, leider jetzt grossentheils im Zustande g-rau-
samer Zerstörung. Wir haben hier also ein drittes System von
Ausstattung der Räume: in der Residenz zu Landshut gewölbte
Decken mit Stuckatur und Fresken, die Wände ebenfalls zwischen
plastischer und malerischer Ausstattung getheilt; in der Münchener
Residenz (um dies hier vorauszunehmen) die Wände auf Teppiche
berechnet, die Decken mit Oelgemälden in vergoldeten Rahmen,
dazu plastische Dekoration an den verbindenden Friesen und
Wölbungen; endlich in der Trausnitz, abgesehen von den voll-
ständig auf Holztäfelung berechneten Räumen, eine Ausstattung
der Hauptgemächer, bei welcher die Plastik völlig leer ausgeht
und Alles in die Hände der Malerei gelegt ist. Der Charakter
derselben trägt im Ganzen das Gepräge des gleichzeitigen italieni-
schen Manierismus, wie denn die ausführenden Künstler offenbar
in Italien ihre Studien gemacht haben. Soweit geht die Allein-
herrschaft der Malerei, dass sogar die Thüren und ihr Rahmen-
werk, mit Ausschluss jeder plastischen Gliederung, nur mit male-
rischer Dekoration versehen sind; höchstens hier und da an den
Decken die kleinen Rosetten (wo nicht etwa auch die Decken
Bildschmuck zeigen) bieten mit ihrer Vergoldung einen Ruhe-
punkt. Dies ist aber des Guten zu viel, und das Auge sucht
vergeblich nach jenen kräftigeren Formen rhythmischer Theilungen,
welche jeden Raum gliedern müssen, um ihn unsrer Empfindung
nahe zu bringen. Von dem Charakter der Dekoration wird am
besten die beigefügte Abbildung (Fig. 138) eine Anschauung
geben. Sie ist nach einer Photographie durch die geschickte
Hand Baldingefs auf den Holzstock gezeichnet. Im Allgemeinen
bewegt sich die Malerei in hellen heiteren Tönen, die grossen
Hauptbilder werden durch gemalte Streifen und Friese eingefasst,
welche- meistens auf hellem Grunde leichte Ornamente im Stil
antiker Wanddekoration zeigen. Zum Besten gehört das Audienz-