Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

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Buch. 
III. 
Deutschland. 
Renaissance in 
System von Ueberwachung und Angeberei riss beim geringsten 
Verdacht ruhige Bürger aus den Armen ihrer Familie, um sie 
in's Gefangniss zu werfen. Selbst die Bischöfe waren dem Her- 
zog zu mild; auf dem Scheiterhaufen mussten Manche ihren 
Glaubensmuth büssen, und durch Einführung der Jesuiten legte 
er den Grund zu jener pfafiischen Knechtung der Geister, welche 
bis jetzt noch ihre verderblichen Wirkungen geübt hat. Die Uni- 
versität Ingolstadt wurde der Hauptsitz des Ordens, und das 
bairische Land blieb fortan, die Hauptstadt München an der 
Spitze, der Mittelpunkt des weithin gesponnenen Netzes. Wil- 
helms Nachfolger Albrecht V (1550-1579) steigerte noch die 
Bestrebungen seines Vorgängers und gründete den Jesuiten jenes 
gewaltige Collegium mit der Kirche des h. Michael in seiner 
Residenzstadt, welches zum Bollwerk der Gegenreformation wer- 
den sollte. In kluger Berechnung wusste der Orden durch prunk- 
volle Schauspiele den Sinn der Menge zu erhitzen nnd zu be- 
tauben. Mit nie gesehener Pracht wurde die Einweihung seiner 
Kirche gefeiert, und in einem barock phantastischen Singspiel 
unter freiem Himmel sah die staunende Bevölkerung den Erz- 
engel Michael seinen siegreichen Kampf gegen dreihundert Teufel 
ausfechten. Nicht minder pomphaft wurde die Frohnleichnams- 
prozession in Scene gesetzt, und glanzvolle Bühnendarstellungen 
aus der heiligen Geschichte des alten und neuen Testamentes 
thaten mit ihrer rohen Pracht das Uebrige. Da zeigten sich in 
den _Festzügen alle Heiligen des alten und neuen Bundes; Adam 
und Eva scheinbar nackt; sechszehn Marien, deren letzte und 
schönste im Gewölk einherfuhr; Gott Vater selbst, "S011 eine 
lange, gerade, starke, wohlformirte Person sein", wie es in der 
Vorschrift heisst; „die unter dem Angesicht schöne reslete Farb 
hat und nit gelb, kupferfarb oder finnig aussieht; soll auch fein 
einen steten Gang an sich nemen, wenig umbsehen und nit 
sauer auch nit lächerlich, sondern fein sittsam aussehen." Wah- 
rend man so den Sinn des Volkes betaubte, musste der Bauer 
sich's gefallen lassen, dass die härtesten Wildgesetze ihn schutz- 
los gegen die Verwüstungen seiner Saaten machten; gegen die 
Feldmause aber wurden auf herzoglichen Befehl Kirchengebete 
angeordnet. Die höchste Regierungssorge jedoch blieb, das Land 
vor der Berührung mit Luthers Lehre zu sichernJ) Die Voll- 
endung dieser Bestrebungen vollzog sich in der Regierung Wil- 
helms V (1579-1598) und mehr noch durch seinen Sohn Maxi- 
milian I, das Haupt der katholischen Liga, der für seine Ver- 
Vgl. 
im III Bd. 
die lebendigen Schilderungen 
von Zschokke.
	        
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