Kapitel.
Den schärfsten Gegensatz zum fränkischen und schwäbischen
bildet das bairische Gebiet. Von den Firnen und Gletschern
der Alpen bis gegen die Donauniederung sich erstreckend, hat
es von jeher einen kräftigen tüchtigen Menschenschlag hervor:
gebracht, der indess mehr für ruhiges Beharren in altgewohnten
Zuständen und für unbekümmerten sinnlichen Genuss, als für
rastloses geistiges Arbeiten und Fortschreiten angelegt zu sein
scheint. Bis in die neueste Zeit hinein hat hier deutsches
Geistesleben keine tiefere Förderung erfahren. Vergebens schauen
wir uns nach jenen mächtigen freien Städten um, die in Schwaben
und Franken wie im ganzen übrigen Deutschland schon früh der
Sitz eines mannhaften selbständigen Bürgerthums, der Hort einer
kräftigen Kulturentfaltung waren. Hier ist von jeher die Kirche,
geschützt durch die mit ihr verbundene Fürstenmacht, die Len-
kerin des Lebens gewesen. Aber auch diese hat sich in ihren
glanzvollsten Zeiten weit nicht so schöpferisch erwiesen wie in
den meisten übrigen Gauen Deutschlands. Wenn wir auch nicht
verkennen wollen, was Tegernsee, Freising und andere geistliche
Sitze für die Kultur des Mittelalters geleistet haben, so weist
doch das ganze Land weder in der romanischen noch in der
gothischen Epoche Monumente ersten Ranges auf, und erst im
Ausgang des Mittelalters gelingt es den Bürgerschaften von Lands-
hut, München, Ingolstadt, in gewaltigen, wenn auch keineswegs
edel durehgebildeten Bauwerken Zeugnisse eines energischeren
Strebens hinzustellen.
Diese Verhältnisse ändern sich selbst nicht mit dem Eintritt
in die neue Zeit. Wohl erfasst auch hier der gewaltige Drang-
nach Umgestaltung des geistigen Lebens, nach Vertiefung der
religiösen Anschauungen die Massen; Arsazius Seehofer, ein Schü-
ler Luthers, weiss selbst in München der neuen Lehre zahlreiche
Anhänger zu gewinnen. Aber eine Reihe strenggläubiger Fürsten
unterdrückt mit Gewalt diese Regungen. Herzog Wilhelm IV,
bis 1534 mit seinem Bruder Ludwig, dann bis 1550 allein regie-
rend, erliess die strengsten Religionsmandate. 1) Ein widerwärtigeg
Geschichten III, 49 ff.
H. Zschokke, Baierische
von Bayern VII, 46.
Buchner,
33'"
Gesch.