Franken.
Rothenburg.
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eine kleinere Wendeltreppe. Ungefähr aus der Mitte des Vor-
platzes gelangt man durch ein elegantes Portal zu einem schma-
len Durchgang, der in den gewaltigen Saal H führt. Dieser bildet
den älteren Theil der Anlage, der noch aus gothischer Zeit
stammt und durch eine Wendeltreppe K seinen selbständigen
Zugang hat.
Die ursprüngliche Ausstattung dieses mächtigen Raumes ist
eine sehr einfache und besteht an der langen Fensterwand aus
rundbogigen Blendarkaden auf schlichten Pilastern, welche zwei
Fensterreihen übereinander einfassen. Die tiefen Nischen der
unteren Fenster sind mit steinernen Bänken ausgefüllt, die sich
rings an den Wänden fortsetzen und der Renaissance angehören.
A11 der gegenüber liegenden langen Wand sieht man zahlreiche
Spuren von Fresken aus derselben Zeit, namentlich eine grosse
sehr undeutlich gewordene Gerichtsscene, sowie Salomons Urtheil,
sodann den Reichsadler in den kolossalsten Verhältnissen. Weiter
ein bemaltes Steinrelief aus gothischer Epoche, die_Darstellung'
des jüngsten Gerichts. Eine derbe kunstlose Balkendecke bildet
den Abschluss des Raumes. An der südlichen Schmalseite, wo
der eingebaute Thurm den Saal verengt, ist eine Erhöhung durch
eine prachtvolle Steinbalustrade abgeschlossen, die mit ihrer
reichen Durchbrechung und Bekrönung von köstlichen Masken
und anderen Ornamenten zu den schönsten Werken der deutschen
Renaissance gehört. Auf den Ecken sind hockende Löwen an-
gebracht. Diese Schranken fassen den ehemaligen Richtersitz ein,
der in der Mitte angebracht ist, von einer Muschelnische bekrönt,
an den Seitenwangen mit elegantem Rankenornament geschmückt.
Auch die sich daran schliessenden den Raum einfassenden Stein-
bänke haben schöne Friese und an den kurzen Ständern Masken,
dies Alles von geistreicher Erfindung und meisterlicher Ausfüh-
rung. Ueber dem Sitz erhebt sich eine gemalte Justitia. Man
liest an den Schranken die Jahrzahl 1591, das Monogramm des
Meisters Wolf, L W und sein Steinmetzen-Zeichen.
Herrscht hier die ausgeprägte Renaissance, so ist dagegen
das Geländer der Treppe, welche neben dem mittleren Eingang
in den Hofraum hinabführt, noch völlig gothisch aus durchschnei-
denden Stäben gebildet. Dennoch gehört es, wie die begleiten-
den Ornamente verrathen, derselben Spätzeit an. In der Erfin-
dung der prächtigen Ranken und Masken giebt sich gleiche
Meisterschaft zu erkennen. Geht man diese Treppe hinab, so
gelangt man in den Hof D, welcher den alten von dem neuen
Bau trennt. Hier findet sich das Portal, welches wir auf S. 169
abgebildet haben. Das übertretende Geschoss des Neubaues ist