Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Renaissance 
Die 
deutschen Geistes. 
des 
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daran hatte die Kunst nicht den geringsten Antheil, wenn man 
nicht die 500 Thaler für das Feuerwerk dahin rechnen will. Selbst 
bei Leichenbegängnissen verlangte der rohe Sinn der Zeit un- 
massige Gelage, so dass Graf Gottfried Werner von Zimmern 
verordnet, es sollen bei seiner Leiche „keine Convivia oder Ban- 
keten" gehalten werden, damit sich weder Priester noch Andere 
seines Absterbens "von wegen der Atz" erfreuen möchten. Aber 
„dieweil es ein solch altes Herkommen", hat man das Mahl doch 
angerichtet. 1) 
Der peinlichste Zug im Leben der höhern Stände ist die tiefe 
Stufe sittlicher Bildung, auf welcher grossentheils das weibliche 
Geschlecht erscheint. Was sich eine Fürstin von Licgnitz bieten 
liess, haben wir schon gesehen. Welche Ausgelassenheit die jungen 
Fürsten auf dem Reichstagezu Augsburg sich gegen die fürst- 
lichen und gräflichen Fräulein, mit denen sie sich auf köstliche 
"Teppiche an die Erde zu legen pflegten, herausnehmen durften, 
erzählt Sastrowß) Dort erfahren wir auch, wie das Sittenverderb- 
niss aus diesen Kreisen in das Bürgerthunx eindrang, wie die 
Tochter eines Arztes von den Fürsten sich grobe Zweideutigkeiten 
sagen lässtß) „dazu sie fein lieblich und freundlich gelächelt, und 
hielten also Haus, dass der Teufel darüber lachen mochte." Ueber- 
aus reich an bedenklichen Zügen dieser Art ist die Zimmerische 
Chronik. Wenn ein Fräulein von Löwenstein mit dem Bäcker 
ihres Vaters durchgehtf) wenn Herzog Heinrich von Braunschweig 
mit seiner Gemahlin nicht gar decent verkehrtf) wenn wir von 
anderer Seite erfahrenß) dass die Schwester des Markgrafen 
Joachim von Brandenburg mit einem Falkenier fortläuft, wenn 
Von einer Gräfin von Zollern nicht sehr Säuberliches erzählt wird7) 
und auch eine Aebtissin von Reischach sich nicht eben anständig 
aufführtß) so sind das Kleinigkeiten gegen die alles Maass über- 
steigenden Excesse, welche von der Gemahlin Herzog Albrechts 
von Oesterreich9) so wie von der Herzoginl von Rochlitzßo) des 
Landgrafen Philipp von Hessen Schwester, erzählt werden. Was 
ferner einer ehrbaren Matrone von Augsburg in den Mund gelegt 
wird, H) Was man von dem Haushalt des Ritters von Meersburgf?) 
von der Gräfin Cilli, Kaiser Sigismunds Wittwe, erfahrtlß), klingt 
eben auch nicht erbaulich und lässt den Ausruf des Chronisten 
über die grosse Leichtfertigkeit, die in der Welt herrscheß) be- 
1) Zimm. Chron. IV. 265.  2) Barth. Sastrow II. 90.  3) Ebenda, 11.89. 
i) Zimm. Chron. II. 195.  S) Ebenda, II. 439.  G) Sastrosv I. 87. 
7) Zimm. Chron- III- 482-  S) Ebenda, III. 521.  9) Ebenda, I. 43a. 
m) Ebenda, I. 431 fg-   Ebenda, 111. sss.  w) Ebenda, III. zss. 
w) Ebenda, III. 383.  u) Ebenda, II. 128. 
Kugler, Gesch d. Baukunst. V. 3
	        
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