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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
die sechziger Jahre des 16. Jahrhunderts hier keine Spur des
neuen Stiles; dann aber bricht er sich mit Macht Bahn, und in
wenigen Decennien holt man das Versäumte nach. 1)
Die hervorragenden Profangebäude Rothenburgs tragen wie
in Nürnberg den Charakter der Renaissance. Und zwar sind es
wie gesagt durchweg Denkmäler der späteren Zeit, einerseits mit
Barockformen schon durchsetzt, andrerseits noch immer gewisse
Elemente der Spätgothik zur Schau tragend. Es ist der durch-
gebildete Charakter deutscher Renaissance, der hier mit grosser
Entschiedenheit und mit echt reichsstädtischem Gepräge sich gel-
tend macht. In den letzten Decennien des 16. Jahrhunderts hat
die Stadt ihre öffentlichen Monumente mit einer Energie und
Opulenz umgebaut, welche nicht bloss auf grossen Wohlstand,
sondern auch auf einen bedeutenden Monumentalsinn hinweisen.
An der Spitze steht das Rathhaus, seit 1572, wo man das ältere
Gebäude theilweise abbrach, errichtet. Es ist ein machtvoller Bau,
der um so gewaltiger die ganze Umgebung beherrscht, als er
durch seine Lage auf stark ansteigendem Terrain noch um vieles
imposanter erscheint. Der vordere Theil des Gebäudes geg-en
den Markt umfasst den Neubau, ungefähr in der Mitte durch
einen polygonen Treppenthurm und an der vorderen Ecke durch
zierlichen achtseitigen Erker ausgezeichnet (Fig. 120). Zur Aus-
gleichung des Terrains dient die stattliche in kräftig-er Rustika
vorgelegte Bogenhalle, die im ersten Stock mit einer prächtig-
eingefassten Altane schliesst. Aber noch malerischer wird das
Gesammtbild durch den dem Hauptbau parallel laufenden älteren
gothischen Theil, der mit seinem hohen Giebeldach und einem
kühn emporsteigenden Glockenthurm die vorderen Theile [weit
überragt. Dazu kommt noch im Vordergrunde der prächtige
Brunnen, den wir auf Seite 165 mitgetheilt haben. Betrachten
wir den Bau näher, so erkennt man an der gediegenen und
mächtigen Behandlung alles Einzelnen das Walten eines der
tüchtigsten Baumeister der Zeit. Sein Brustbild hat er am Krag-
stein unter dem Erker angebracht. Es ist jener Nürnberger Meister
Wolf, der den Bau geleitet. Die Ausführung des Ganzen ist in
Sandsteinquadern; besonders energisch an der Rustikahalle der
vorgelegten Arkaden. Der Giebel in der Mitte derselben mit den
aufgesetzten Figuren als Vorbereitung auf das Hauptportal ist ein
späterer Zusatz von 1681. Das Portal selbst aber, das zum
Treppenhause führt, wird von elegant kannelirten toskanischen
f) Werthvolle historische Notizen
maglstrats von Rothenburg.
verdanke
ich
der
Güte
des Stadt-