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III.
Renaissance in
Deutschland.
Allgemeiner
durch ganz Deutschland ausführt und Schweiniehen muss sichs
gefallen lassen bis nach Utrecht um Geld ausgeschickt zu werden.
Wie sie trotz all dieser Verlegenheiten überall in Saus und Braus
leben, wie sie z. B. zu Köln ihr tolles Treiben selbst in einem
Nonnenkloster fortsetzen, grenzt ans Unglaubliche. 1) So weit geht
einmal der Herzog in seiner Tollheit, dass er allen Ernstes seinen
(Jetreuen an die Königin von England schicken will, um ihr,
obwohl er schon verheirathet war, seine Hand anzutragen und
sie darauf hin um ein Darlehn von fünfzigtausend Kronen zu
bitten?) Wenn mit der Bodenlosigkeit dieses Charakters uns
etwas aussöhnen kann, so ist es die Festigkeit seiner religiösen
Ueberzeugung. Denn trotz aller Geldkalamitaten, trotzdem dass
er sich gezwungen sieht, bis nach Antwerpen zu schicken um
seine Kleinodien zu versetzen, lässt er den päpstlichen Legaten,
der ihn durch Geld zum Glaubenswechsel verleiten will, mit ge-
bührender Grobheit abfallen. Ebenso entschieden wird in Liegnitz
der Superintcndent Leonhard Kranzheinr abgesetzt, weil er im
Verdacht des Kalvinismus steht, und eine Sturmpetition zu seinen
Gunsten von dreihundert Weibern gegen das Schloss unternom-
men, wird mit landesherrlieher Autorität zur Ruhe verwiesen. 3)
Wohl steht die Rohheit des Liegnitzer Fürstengeschlechts im
I6. Jahrhundert selbst in Deutschland beispiellos da, allein was
wir aus andern Gegenden erfahren, klingt hauiigg; nicht viel tröst-
licher. Schweinichen erzählt selbstf) dass sie auf ihrer Reise
fast überall mit unmassigen Trinkgelag-en bewirthet werden und
z. B. beim Pfalzgrafen Friedrich „die ganze Zeit mit Saufen,
Fressen und Tanzen zugebracht, denn es überaus ein wunder-
licher Herr gewesen, der nichts konnte als saufen." Auch der
Herzog von Braunschweig ist ein „toller Herr" gewesen und hat
ihn am ersten Abend „tod' saufen" wollen. i) Kein Wunder,
dass unter solchen Voraussetzungen die Feste in der Regel eine
tumultuarische Form annahmen, und nicht selten unter den edlen
Junkern die Lustigkeit mit rohen Prügelscenen endigte. Die
Schwelgerei namentlich auf den Hochzeiten ging über alles Mass,
und erstaunlich sind die Angaben über das, was an Speise und
Trank verzehrt wurde. Daneben wusste man höchstens noch in
übertriebener Kleidertracht Aufwand zu machen, wie denn auf
der Hochzeit des jüngern Herzogs von Liegnitzß) das mit Gold
und Silber gestickte Brautkleid über 1500 Thaler kostete. Der
Aufwand der ganzen Hochzeit belief sich auf 14000 Thaler, und
1) Sehweinichen, I. 217. 12) Ebenda,
Ebenda, III. 55. Ebenda, III. 86.
226. S) Ebenda, III,
G) Ebenda, III. 77 H.
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