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III. Buch.
Deutschland.
Renaissance in
Allgemeiner
Theil.
als man ihm bei Strassburg den Weg über die Rheinbrücke ver-
legen wollte, er aber im Rauschc mit seinem Pferde kühn über
die in der Brücke schnell aufgerissene Lücke hinsprengt und
das Weite sucht. 1) Von der Lebensweise in seinen Kreisen giebt
er ein gewiss nicht übertriebenes Bild, wenn er berichtet?) "des
Morgens, wenn man aus dem Bette aufgestanden, ist das Essen
auf dem Tisch gestanden und gesoffen worden, bis zur rechten
Mahlzeit, von da wieder bis zur Abendmahlzeit. Welcher nun
reif war, der fiel abe." Selbst das Fieber trinkt er sich in gutem
Wein wegf) muss aber schon mit 40 Jahren an häufig wieder-
kehrender Gicht die bösen Folgen seiner Lebensweise empfindlich
büssen, wie er denn selbst einmal4) offen gesteht: „Ob das starke
Trinken mir aber zur Seeligkeit und Gesundheit gereichet, stelle
ich an seinen Ort."
Man merkt aus allem, dass der deutsche Adel die Zeiten
des Raubritterthums mit all ihrer Rohheit noch nicht ganz über-
wunden hat, wie wir ja schon früher gesehen haben, dass
auch Schweinichen nicht zu streng dachte über Wegelagerung
und ähnliche Kraftstücke. Was er von seiner eignen Erziehung-
berichtet, stimmt gut zu allem Uebrigen. Als Knabe kommt er
zeitig zum Dorfschreiber und beileissigt sich 5) „ des Lesens, Schrei-
bens und anderer adeligen Tugenden." Einen höhern Grad von
Bildung sehen wir ihn nirgends erwerben, und doch genügen
seine Kenntnisse, um,ihn bei einer guten Naturanlage, klarem
und redlichem Sinn zu einem geschätzten Diener seines Herrn zu
machen. In den zahlreichen Handeln und Wirrsalen desselben
bewährt er sich als treuer wohlgelittener Diener, trotz aller
„Fuchsschwänze" bei Hofe, die, wie er sagtß) an Fürstenhöfen
„stets gross und gemein" sind. Einen besonders feinen und zar-
ten Ton können wir ohnehin beim damaligen deutschen Hofleben
nicht voraussetzen, wenn wir erfahren, mit wie wenig schmeichel-
haftem Namen man die Hofdamen bezeichnetF) Im Uebrigen
ist Schweinichen nicht bloss Hcfmann, sondern er verwaltet
als schlichter Landedelmann sein Gut mit Umsicht und haus-
hälterisehem Sinn. Dennoch zieht das Hcfleben und der Dienst
seines Fürsten ihn immer wieder an, und er wird nicht müde
in der Schilderung dieser uns heute seltsam bedünkenden Zu-
stände. So erfahren wir, dass er zuerst als Page zu Herzog
Friedrich III nach Liegnitz kommt, welcher, da er "eine gute
1) Schwcinichen, 1. 1s2. 2) Ebenda, n. 291. 4
4) Ebendä, I. 64. 5) Ebenda, I. 36. Ebenda,
Chron. I. 553, III. 53.
Ebenda, III. 27.
347. 7) Zimmer.