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III.
Buch.
Die Renaissance in Deutschland.
kräftigen oft sehr eleganten Steinconsolen weit über das Erd-
geschoss vor. Von dieser Architektur ist hier noch Manches er-
halten. Nahebei in derselben Gasse am Glesernhof zwei
treffliche Fenster- und Portalfüllungen mit herrlich stilisirten
Eisengittern.
Das Prachtstück dieser Architektur ist das Salzhaus, Ecke
des Römerbergs und der Wedelgasse. Die an der Gasse liegende
Langseite zeigt fünf grosse Arkaden auf kräftig facettiiten Ru-
stikapfeilern von trefflicher Behandlung, in den Bögen Füllungen
von Eisengittern, die vordersten zugleich die schönsten und
reichsten. Kräftige Consolen mit Masken tragen das weit vor-
springende Balkenwerk der oberen Geschosse. Man sieht hier
so recht, wie die Einengung der mittelalterlichen Städte zu raffi-
nirtestem Ausnutzen des Raumes auf Kosten von Luft und Licht
zwang. Die oberen Wände zeigen noch reiche Spuren von Ge-
mälden, unten breite Bilder mit Figuren und Landschaften, in
der Mitte Fruchtschnüre, darüber wieder lfigürliches, oben in
zwei Reihen abermals Fruchtgehänge, Alles sehr reich in den
Farben. Die schmale Giebelseite gegen den Platz, welche Fig. 109
darstellt, ist dann ganz in Holz geschnitzt, und zwar in völliger
Nachahmung von Steindecoration, gleichsam eine Inkrustation
von Holzplatten, ein Ouriosum der Architektur, aber mit Meister-
schaft ausgeführt in flachem Relief, dazwischen einzelne Köpfe
kräftig vorspringend, voll plastischer Wirkung. Unter den Fenstern
des Hauptgeschosses an der Sohlbank die Figuren der Jahres-
zeiten sowie Genien mit Fruchtschnüren und Wappen. Dazu der
enorm hohe Giebel, frei geschweift, aber ohne Aufsätze, dafür
mit gothisirender Spitzengarnitur. Die hölzerne Treppe im Innern
ist eine tüchtige Arbeit des 18. Jahrhunderts.
Dieses Haus steht mit seiner Behandlung vereinzelt da, wäh-
rend "im Uebrigen die gleichzeitigen Privatgebäude in Frankfurt
sich mit einer kräftigen Arkadenarchitektur im Erdgeschoss be-
gnügen, und die oberen Stockwerke in der Regel ohne künst-
lerische Ausbildung sind. Man behielt sie wohl grossentheils der
Wandmalerei vor. Bisweilen findet _man auch noch malerische
alte Höfe, so in der alten Mainzergasse Nr. 15 ein Hof mit zwei
Holzgalerien über einander, sammt offen liegender Treppe, die
Stützen der untern Galerie stelenartig verjüngt. In dieser Gasse
findet man noch mehrere Häuser mit trefflichen plastisch behan-
delten Oonsolen, anscheinend von derselben Zeit und vielleicht
von der gleichen Hand wie die oben erwähnten Arbeiten am
Römer. So das Haus zum goldnen Kängen (Kännchen) Nr. 54;
ferner das Eckhaus der Kerbengasse, u. a. m. Eine grosse präch-