Kap
Die
deutschen
des
Renaissance
Geistes.
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fürstlichen Gnaden einen Schatz von Ketten, Kleiuodien und Edel-
steinen gewiesen, auch von seltsamen Münzen und Goldstücken,
die eines Kopfesgrösse hatten, so dass er selbst sagte, er wäre
über eine Million an Golde werth". Daneben kommt freilich auch
der Sinn für merkwürdige Naturprodukte und Curiositäten zur
Geltung, wie denn besonders eine Sammelwuth auf stattliche
Hirschgeweihe bestand. In Dürer's Briefen an Pirkheimer spielen
solche eine grosse Rolle, und Letzterer nimmt es der Witwe
seines Freundes sehr übel, dass sie ein prachtvolles „Gehurn"
aus dem Nachlass ihres Mannes vertrödelt habe statt es ihm an-
zubieten. 1)
Gegenüber diesem regen Treiben in bürgerlichen Kreisen ist
es auffallend wie wenig der Adel am geistigen Leben der Zeit
sich betheiligt. Am Anfang der Epoche steht Ulrich von Hutten,
an ihrem Ende der begabte Herzog Julius von Braunschweig als
vereinzelnete Repräsentanten einer höhern literarischen Thätig'-
keit aus diesen Schichten der Gesellschaft da. Der rohe Zu-
stand, in welchem Aeneas Sylvius im 15. Jahrhundert den Adel
und die Fürsten Deutschlands gefunden hatte, erhält sich trotz
Humanismus und Reformation noch bis ans Ende dieser Epoche.
Dass es noch Adlige gab, die des Lesens und Schreibens un-
kundig waren, erfahren wir unter Anderem durch Sastrowß) Auch
hierin konnte die neue Zeit nur langsam die Ueberreste 1nittel-
alterlicher Rohheit überwinden. Ja wenn man einem Ausspruch
der Zimmerischen Chronik trauen will, so hätte sich das Haupt-
laster der Deutschen, das starke 'l'rinken, erst im Laufe dieser
Zeit so unmässig gesteigert, denn es heisst dort einmalza) „vor
Jahren, ehe das gräulieh Saufen aufgekommen." Dies war indess
seit alter Zeit die Klippe der deutschen Cultur, und wenn wir
die massenhaften Berichte darüber bei den Zeitgenossen ins Auge
fassen, so ist der Eindruck ein überwältigender. Nirgends vielleicht
tritt diese Seite des Lebens so deutlich ins Licht wie in den
Schilderungen Sehweinichens. Mit der Gewissenhaftigkeit eines
guten Haushalters hat er während seines ganzen Lebens alle
mehr oder minder „starke Rausche", die er sich getrunken, in
seinem Tagebuch verzeichnet, so dass sich ohne grosse Mühe
eine Statistik darüber anfertigen liesse. Dass er erst im Zustande
des Rausches fest auf seinen Füssen stand, haben wir schon er-
fahren; aber in allen Lebenslagen, selbst in bedenklichen Mo-
menten kommt ihm ein tüchtiger Rausch zu statten, wie damals
III.
Reliquien ,
1) CampeVS
76.
164.
Chron.
3) Zimm.