Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

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B uc" 
III. 
in 
Renaissance 
Deutschland. 
All gemeinel 
Theil. 
Braut aber liess sich den Schwanz am Recke durch einen kleinen 
Jlungen allzeit nachtragen, Welches dieser Orten unerhört ge- 
wesen". Ueberladung der Ilracht war sogar eigentlich deutsch, 
 denn obwohl seit den vierziger Jahren der Einfluss der spanischen 
und französischen Klcidermoden sich auszubreiten begann, blieb 
doch genug von dem eigenthümlich deutschen Charakter der 
'l'racht, so dass deutsche Reisende, wenn sie nach Italien gingen, 
sich italienischel) und wenn sie zurückkehrten, auf der Grenze 
wieder deutsche Kleider machen liessen. In alledem lässt sich 
der Nachhall der im späten Mittelalter überschäumenden derben 
Lcbenslust nicht verkennen, die zuerst durch die Gährung der 
neuen Zeit eher gesteigert als gedämpft wurde, bis im weitern 
Verlaufe die Reformation auch hier tiefer eingriff und den Sinn 
der Menschen umgestaltete. Man erkennt diesen Process auch 
aus anderen Merkmalen, wie denn gegen die Frauenhäuser sich 
allmählich eine energische Opposition erhob, die den Magistraten 
der Reichsstädte die Unterdrückung derselben abdrang?) 
Aber diese üppige Lebenslust gewann durch die gerade in 
bürgerlichen Kreisen mächtig; um sich greifende Bildung, durch 
den Verkehr mit Gelehrten und Künstlern allmählich ein edleres 
Gepräge. Seit der Mitte des Jahrhunderts wetteifert man in den 
Städten in Aufführung prächtiger Bürgerhäuser, die aussen und 
innen mit allen Mitteln einer hoch entwickelten Kunst geschmückt 
werdenß) Dazu kommen Bibliotheken, Kunstsammlungen, An- 
tikenkabinete, und wenn auch der erwachende Sammeltrieb noch 
vielfach durch Liebhaberei an Ouriositäten bedingt war, so ging 
aus dieser Wurzel doch zugleich ein edlerer Kunstsinn hervor. 
Für solche bürgerliche Kreise wurden vorzugsweise die kostbaren 
Blätter des Grabstichels und des Schnitzmessers, die prächtig mit 
Holzschnitten ausgestatteten literarischen Erzeugnisse, die besten 
Gemälde unserer grossen Meister geschaffen. Für Jakob Heller 
in Frankfurt malt Dürer eines seiner vorzüglichsten Bilder; die 
Hauptwerke eines Adam Kraift und Peter Vischer sind von Nürn- 
berger Bürgern gestiftet worden, wie auch Hans Holbein seine 
Darmstädter Madonna für den Bürgermeister Maier gemalt hat. 
Welche Kunstschätze man in reichen Bürgerhäusern antraf, wissen 
(wir nicht minder aus vielen Zeugnissen. So berichtet u. A. Hans 
von Schweinichen 4): "Herr Fugger hat in einem Thürmlein seiner 
 2) S0 z. B. in Ulm, vgl. Jäger, Schwäb. Städte- 
Man vgl. namentlich die Schilderungen bei M. de 
35, 44, 90 etc.  4) A. a. 0. I. 157.
	        
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