Kap
Franken.
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heimische Kräfte verlassen zu dürfen, sondern berief nieder-
ländische Künstler, die damals völlig der italienischen Richtung
folgten. Diese Werke sind nicht blos durch die gediegene Be-
handlung des Figürlichen 1) ausgezeichnet, sondern beweisen auch
im architektonischen Aufbau das treffliehe Stylgefühl jener Meister.
Dazu kommen die prachtvollen Eisengitter, namentlich am Augustus-
brunnen die bekrönenden Ranken und Blumen von unübertreif-
licher Schönheit?) Diese Brunnen vollenden den grossartigen
Eindruck der lllaximilianstrasse, dieser Königin der deutschen
Strassen.
X. Kapitel.
Kaum minder bedeutend für die Entwicklung der deutschen
Renaissance als die schwäbischen Lande sind jene mitteldeutschen
Gebiete, welche sich an den Ufern des Mains erstrecken und von
dem fränkischen Stamme bewohnt werden. Sie gehören zu den
ältesten Sitzen deutscher Kultur. Früh schon hat sich in ihnen
die geistliche Macht neben der fürstlichen bedeutsam entwickelt,
und dazu gesellt sich bald, Dank dem regen Sinn der lebens-
frischen Bevölkerung, die selbständige Kraft des Bürgerthums in
eine1' Anzahl freier Städte. Das mächtigste Erzbisthum Deutsch-
lands, das Mainzer, gehört diesem Kreise an. Dazu kommen
die Bisthümer von Würzburg, Eichstädt und Bamberg. Der frän-
kische Stamm giebt dem Reiche schon früh eine Reihe von Kai-
sern; hervorragende Fürsten- und Adelsgeschlechter wetteifern
in dem viel zerschnittenen Territorium gegen einander. Dazu
kommt noch der Deutschorden, der hier seine Hauptbesitzungeir
hat. Durch dißSß Zersplitterung geht dem Lande in der Epoche
der Renaissance jene Ooncentration fürstlicher Macht ab, welche
in Schwaben durch das würtembergische Herrscherhaus der
künstlerischen Kultur damals zu so glänzender Blüthe verhalf.
Dagegen spricht sich die geistliche Macht in prächtigen Monu-
menten nachdrücklich aus. Vor Allem sind es aber die Städte,
1) Vgl. darüber meine Geschichte der Plastik. II Aufi. S_ 749_
2) Abbild. in Seemanns deutscher Renaissance. III Lief. Tafel 10.