Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

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III. Buch. 
Deutschland. 
Renaissance 
bunte Fruchtschntire; auf den grösseren Wandfeldern darüber 
weiss gemalte liegende Figuren, das Ganze also im Sinn vene- 
zianischer Decorationen als marmorner Prachtbau gedacht.  
Weit barocker, in stilistischer Hinsicht sehr lehrreich zum Ver- 
gleich, ist das Moll'sche Haus in der Phil. Welserstrasse, dessen 
Fresken von dem jüngeren Pordenone herrühren. Hier tritt die 
Grossartigkeit der architektonischen Behandlung völlig zurück, 
welche am Wcberhaus und im Hofe des Fuggerhauses so wohl- 
thut; die ganze Fagade ist mit allegorischen und mythologischen 
Figuren in üppiger Farbenpracht bedeckt; das Architektonische 
beschrankt sich auf die sehr barocke, wulstige Einfassung der 
Fenster. Das Ganze ist aber von grosser Pracht und flott aus- 
geführt. 
Die Neigung zu plastischer Decoration, wie wir sie aus- 
nahmsweise in glänzender Art am Maximilians-Museum trafen, 
scheint in Augsburg nur selten hervorgetreten zu sein. Ein Bei- 
spiel bietet jedoch die kleine schmale hohe Faeatle C. 2 an der 
Maximiliansstrasse. Sie hat einen ganz mit Hochrelief-Brustbildern 
in Medaillons geschmückten Erker, unter und über jeder Fenster- 
reihe und endlich noch einmal im Giebel kommt diese damals 
beliebte Art der Ausschmücläung vor.  Die übrig-en Facaden 
Augsburgs haben nach Verlust ihrer Fresken keinerlei künst- 
lerischen Werth; nur die zahlreichen meist paarweise angebrach- 
ten, bald polygonen bald geraden Erker geben ein belebter-es 
Gepräge; doch auch diese sind ohne architektonische Durch- 
bildung. Die nüchternen geschweiften Giebel, welche wir in 
Ulm fanden, sieht man auch hier. Die meisten der älteren 
Privathäusei- haben eine gewölbte Einfahrtshalle, geräumiges 
Treppenhaus und Vestibül mit reichen Holzdecken. In der Ge- 
sammtanlage machte sich im 16. Jahrhundert mehr als in irgend 
einer andern deutschen Stadt der Einfluss Italiens geltend. 
Namentlich gehört dahin, dass statt der sonst in Deutschland 
beliebten Holzgalerien steinerne, gewölbte Arkaden die Regel 
bilden. Die Selbstbiographie Elias Hell's zahlt über sechzig 
Wohngebäude auf, welche scin Vater ausgeführt hatte. Gewölbtc 
Arkaden auf Pfeilern oder Säulen treten dabei fast immer in den 
Höfen auf; oft auch Altane, die mit Kupfer gedeckt werden; 
Gange mit Marmorfussboden u. dergl. Aber daneben kommt an 
den Facadcn der deutsche Erker („Ausschuss" genannt, während 
„Erker" lediglich die Dacherker bezeichnet) häufig vor, bisweilen 
mit Bildwerken geschmückt. Von der innern Ausstattung ist das 
Meiste wohl durch den wandelnden Zeitgeschmack beseitigt wor- 
den; doch sieht man schöne Thüren, lätfelwerke und Kamine
	        
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