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Buch.
III.
Renaissance in
Deutschland.
akanthusgesehmückten Consolen vorgekragt. Am grösseren Erker
zieht sich vor der untern Fensterbank eine eherne Inschrifttafel
mit elegant aufgerolltem Rahmen hin, zu beiden Seiten von
Putten gehalten. Während hier das Oartouchenwverla schon auf
die Vorgeschrittene Renaissance deutet, zeigt alles Uebrige die
feinen Formen und die zierlich reiche Ornamentik der Frühzeit.
S0 die schlanken Rahmenpilaster mit ionischen Kapitälen, die
spielenden Bekrönungen der Fenster, die oberen Abschlüsse mit
ihren Voluten und Medaillons, vor Allem die Fensterbänke im
oberen Geschoss mit ihrem herrlichen Laubgewinde und den
spielenden Putten, an die geistreichsten Erfindungen Holbeins
erinnernd, dabei Alles meisterlich frei in Sandstein ausgeführt.
Selten findet man in der deutschen Renaissance eine so durch-
gebildete Plastik. Am kleineren Erker sieht man vor der untern
Fensterbank einen schön stilisirten Doppeladler, von Saulchen
eingefasst mit flatterndem Spruchband, darauf man den Wahl-
spruch „plus ultra" liest. Am obern Fenster zwei nicht minder
prachtvoll ausgeführte Adler auf Löwen. Das Hauptportal der
Faeade ist im Flachbogen der lßlrührenaissanee geschlossen, mit
Pilastern und Friesen eingefasst, welche mit schönen eingravirten
Flachornamenten bedeckt sind. Ein kleineres Nebenpförtehen,
nicht unmittelbar mit dem Hauptportal verbunden, zeigt ebenfalls
eine hübsche Einfassung. Das Rundfensterehen, welehes dem
Flur Lieht giebt, ist mit einem herrlich stilisirten Eisengitter ge-
schlossen.
Unweit des Maximilians-Museums in derselben Strasse bietet
ein im Ganzen noch spatgothisches Haus mit prachtvollem gothisch
componirtem Portal, darüber ein von zwei Löwen gehaltenes
Wappen, einige Frührenaissance-Theile. Namentlich ist der Haus-
flur mit einem Kreuzgewölbe auf denselben derb ionischen Säulen
ausgestattet, welche wir schon im Fuggcrhaus fanden. Alle
Tliüren dagegen sind gothisch; der Hof mit oberer jetzt glas-
geschlossener Galerie, beiderseits auf Netzgewölben ruhend, die
auf Consolen aufsitzen. Vorn rechts eine weitere Vertiefung der
unteren Halle auf gothischen Rundsäulen. So spielen auch hier
noch beide Stile in einander. Dasselbe Verhältniss gewahrt
man an dem mächtigen alten Welserhaus, das schon durch
seine gothische Kapelle mit originellem frühem Sterngewölbe
interessant ist. Der ganze Bau mit seinem hohen Giebel ist
mittelalterlich, aber ein zierlich decorirter Erker trägt die For-
men einer spielenden Frührenaissance, das Laubwerk von etwas
krautartig krauser Bildung. Dabei mehrere lateinische Sinn-
sprüche.