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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
man auch hier durch den Mangel eines geeigneten Steines dazu
veranlasst, die Facaden zu verputzen und ihre Ausschmückung
der Malerei zu übertragen. Aber während man in Ulm sich
meistens mit dem bescheidenen Grau in Grau oder mit Sgraffiten
begnügte, übertrug das üppige Augsburg die volle Farbenpracht
des Südens, namentlich Venedigs und Verona's, auf seine Faca-
den. Als Michel de Montaigne 1580 die Stadt besuchte, waren
die imposanten Bauten Elias Holls noch nicht vorhanden;
dennoch erklärt er Augsburg für die schönste, sowie Strassburg
für die festeste Stadt Deutschlands. Die breite Anlage und die
Sauberkeit der Strassen, die vielen prächtigen Springbrunnen
fallen ihm auf, obwohl die vier jetzt vorhandenen Brunnen da-
mals noch nicht standen. Die Häuser seien weit grösser, schöner
und höher als in irgend einer Stadt Frankreichs. Der Palast
der Fugger sei ganz mit Kupfer gedeckt und habe zwei Säle,
der eine gross, hoch, mit Marmorfussboden wahrscheinlich
derselbe, auf welchem Hans von Schweinichen jenen Unfall er-
lebte der andere niedriger, reich an antiken und modernen
Medaillen, mit einem Kabinet am Ende. Es seien die reichsten
Gemächer, die er je gesehen. Auch den Garten mit seinen
Sommerpavillons und Vogelhäusern, seinen Springbrunnen und
Vexirwassern rühmt er höchlich. Vor Allem fallen ihm die ge-
malten Facaden auf ; aber grade diese wichtigen Theile der
künstlerischen Ausstattung sind bis auf wenige Spuren verschwun-
den. Dagegen zeigt allerdings die Maximiliansstrasse schon solche
Grossartigkeit der Anlage, dass sie noch jetzt ohne Frage zu den
schönsten Strassen Deutschlands gehört. Ihre ausserordentliche
Breite würde monoton wirken, wenn sie in grader Linie gezogen
wäre, und wenn nicht in glücklichen Abständen jene herrlichen
Brunnen sich erhöhen, deren Gleichen man in keiner deutschen
Stadt Wieder-findet. Dazu kommt der mächtige Bau des Rath-
hauses, der trotz der Einfachheit seiner äussern Architektur
durch die Massen allein imponirt und für den Platz wohl be-
rechnet ist.
Aus der Frühepoche der Renaissance ist wenig 1neh1' vor-
handen. Der Palast der Fugger ist ein Gebäude von kolos-
saler Ausdehnung, aber in der Facade ohne alle architektonische
Gliederung, vielmehr auf reichen Gemäldeschmuck berechnet. Die
neuerdings an Stelle der untergegangenen Burgkmaierschen Fres-
ken ausgeführten Bilder zeugen von einem löblichen Streben und
enthalten im Einzelnen viel Hübsches, liefern aber den schlagen-
den Beweis, dass wir für künstlerische Anordnung und Stilisirung
solcher monumentalen Werke noch viel von jener Zeit zu lernen