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III.
Buch
Renaissance
in Deutschland.
Allgemeiner
Theil.
Heinrich von Liegnitz von dem reichen Kaufmann eingeladen
war, erschien dem Berichterstatter von wahrhaft kaiserlicher
Pracht. „Das Mahl war in einem Saal zugerichtet, in dem man
mehr Gold als Farbe sah. Der Boden war von Marmorstein und
so glatt, als wenn man auf dem Eise ginge. Es war ein Kredenz-
tisch aufgeschlagen durch den ganzen Saal, der war mit lauter
Trinkgeschirren besetzt und mit merkwürdigen schönen venetia-
nischen Gläsern. Nun gab Herr Fugger seiner fürstlichen Gnaden
einen Willkomm, ein künstliches Schiff von venetianischem Glas.
Wie ich es vom Sehenktisch nehme und über den Saal gehe,
gleite ich in meinen neuen Schuhen aus, falle mitten im Saale
auf den Rücken und giesse mir den Wein auf den Hals; das
neue roth damastische Kleid, welches ich an hatte, ging mir
ganz zu Schande, aber auch das schöne Schilf zerbrach in tau-
send Stücke. Es geschah jedoch ohnc meine Schuld, denn ich
hatte weder gegessen noch getrunken. Als ich später einen
Rausch bekam, stand ich fester und fiel hernach kein einziges
Mal, auch im 'l'anze nicht. Der Herr Fugger führte sodann seine
fürstlichen Gnaden im Hause spazieren, einem gewaltig grossen
Hause, so dass der römische Kaiser auf dem Reichstage mit
seinem ganzen Hofe darin Raum gehabt hat." Auch M. de Mon-
taigne, der auf seiner Reise 1580 nach Augsburg kam, rühmt
die Schönheit der Stadt, besonders aber den Palast der Fugger
mit seinen prächtigen Sälenf) sowie ihre Gärten mit den Spring-
brunnen und Lusthäusern. Als besondere Ueppigkeit wird es
schon vom Grafen Waldek den Augsburger Frauen angerechnet,
dass sie täglich baden, und der Herr von Buswy, Oberstallmeister
des Kaisers, meint, die oberdeutschen Frauen müssten schmutziger
sein als die brabantischen und niederdeutschen, die nur ein- oder
zweimal im Jahre baden?) Dass aber jene Pracht des Bürger-
hauses auch in Niederdeutschland gelegentlich gefunden wurde,
erfahren wir 3) aus dem Bericht über ein Banket bei einem Kölner
Kaufmann, wo man den Gästen neben dem Saale die Garderobe
zeigt mit dem an zwei Wänden von unten bis an die Decke
reichenden, auf 30,000 Gulden geschätzten Silbergesehirr: „wie
dann die Kölner sonderlich mit dem Silbergeschirr prangen".
In Wahrheit steigen der Luxus und die Ueppigkeit in den
Bürgerkreisen auf einen hohen Grad, und selbst die Reformation
vermag dagegen mit aller Sittenstrenge nicht durchzudringen.
1) M. de Montaigne, Journal de
riches picces que faye jamais vcues."
sehe Chronik III. 238.
voyage I. 97;
2) Tämgebuoh, p.
sont des plus
3) Zimmeri-