Kall
Schwaben.
Ulm.
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Pferd das auszuleihen gehört? Links im Hof ein Brunnen mit
der Jahrzahl 1627. Im oberen Geschoss des Vorderhauses be-
wahrt der grosse Flur eine hübsche getäfelte Decke mit feiner
Gliederung, sodann einen prächtigen Hangeleuchter mit einem
Hischgeweih und sehr schönem weiblichen Brustbild, das eines
Syrlin würdig ist.
Zum Schönsten und Reichsten, was von innerer Decoration
aus dieser Epoche irgendwo vorhanden ist, gehört jedoch die Aus-
stattung des Ehinger Hofes, eines ansehnlichen Patrizierhauses
in der Taubengasse, jetzt als Schulhaus dienend. Das Aeussere
bietet nicht viel Besonderes; der Hof zeigt auf drei Seiten Ar-
kaden auf derben toskanischen Säulen, der Hausflur ist wie so
oft in Ulm gewölbt mit hübsch decorirten Gurten. Das Erd-
geschoss hat gewölbte Hallen mit Stuckaturen. Die ganze äussere
Architektur ist mit Einschluss des Hauptportales ganz schlicht:
aber Spuren von grau in grau gemalten Decorationen lassen sich
auch hier erkennen. Ein kleines Nebenpförtchen zeigt den Spitz-
bogen, und auch die steinerne Wendeltreppe mit der Jahrzahl
1601 hat noch gothische Construktion; aber das Treppenhaus ist
mit einer fiachcn gegliederten Renaissancedecke geschlossen. Die
breiten meist dreitheiligen Fenster haben noch die alten Butzen-
scheiben; selbst das durchbrochene Holzgitter der Bodentreppe,
wo man 1603 liest, besteht aus meisterlicher Schnitzarbeit. Den
höchsten Werth besitzen aber die prachtvollen Holztäfelungen
der Decken und die nicht minder vorzüglich gearbeitetenThüren.1)
Zunächst dcr herrliche grosse Flur im obern Geschoss mit seiner
schön gegliederten Balkendecke, geschmückt mit Rosettenköpfen
und andern Ornamenten. Noch glanzvoller aber die Decken des
oberen Saales und eines Nebenzimmers. Trcffliche Eintheilung,
reiche und kraftvolle Gliederung, schönes Sehnitzwerk von Frie-
sen mit Akanthusranken, Löwenköpfen u. s. w. Alles dies ist
barbariseher Weise mit Tünche dick überstrichen, obwohl der
Landesconservator der Alterthümer hier seinen Sitz hat. Dazu
kommen zwei Thüren, mit korinthischen Säulen eingefasst und
mit eleganten Aufsätzen bekrönt, durch Bemalung und feine Ver-
goldung noch gehoben. Noch ein anderes Zimmer hat eine nicht
minder köstliche Decke und in den breiten Flachbogennischen
der Fenster Engelköpfe und elegantes Ornament in Stucco. Auch
hier eine schöne Thür, lebenfalls mit Malerei und Vergoldung
1) Eine Publication der ersteren bereitet Egle in den Suppl. der sehwäb.
Denkm. (Stuttgart, Ebner 8a Seubert) vor. Aufnahmen der letzteren in den
B1. des Architektenvereins des Stuttg. Polytechnicums (Stuttg, K. Wittwer).
Kugler, Gesch. d. Baukunst. V. 26