Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Kap. IX. 
Schwaben. 
Ulm. 
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bau mit einem von unten herauf geführten rechtwinkligen Erker, 
die Decoration ganz in rauhem Stuck mit glattem Fugenschnitt, 
der namentlich an den Fenstern als Einfassung herumgeführt ist. 
Dazu decorirende Sgraftiti an den Fenstern und in den Friesen, 
aber nicht mehr freies Ornament, sondern lineare Schnörkel, 
wie sie dem Ende der Epoche entsprechen. Ueber dem einfach 
derben Portal mit Rusticaquadern, dessen Bogen durch ein 
hübsches Eisengitter ausgefüllt ist, sieht man zwei Wappen und 
die Inschrift des Bauherrn Hans Ulrich Lew mit der Jahrzahl 
1595 sowie dem Monogramm des schon am Neuen Bau vorkom- 
menden Peter Scleefell. Im Innern ist der Hausflur mit Kreuz- 
gewölben auf einer mittleren elegant gebildeten toskanischen 
Säule sehr stattlich angelegt. An den Gurten und Kappen des 
Gewölbes sieht man feine Ornamente, Masken, Brustbilder und 
Anderes, leider barbariseh mit Tünche überstrichen. Diese Tünche, 
eben so sehr für den hohenReinlichkeitssinn, wie für das ge- 
ringe Kunstgefühl der heutigen Ulmer zeugend, spielt hier überall 
eine entsetzliche Rolle. Die Hofscite zeigt dieselbe einfache 
Stuckbehandlung wie die vordere Facade. Links ist ein hübscher 
kleiner pavillonartiger Flügel angebaut, unten mit oifnen Ar- 
kaden auf dorischen Säulen ruhend. Allem Anscheine nach ist 
der Meister des Baues Georg Buchmüller. 
In der Nähe liegt in derSchelergasse die sogenannte Schelerei. 
Ein altes Bürgerhaus von ansehnlicher Ausdehnung, mit einem 
Portal, welches zu den ältesten Arbeiten der Renaissance in Ulm 
gehört. In einfach derber Weise ist sein gedrückter Rundbogen 
mit Rahmenpilastern eingefasst, denen ein Karniesgesims als Ka- 
pital dient. Darüber zwei sehr hübsch gearbeitete noch gothisch 
stilisirte Wappen, mit dem Spruch: „Non nobis domine non nobis, 
sed nomini tuo da gloriam". Dabei die Jahrzahl 1509, die, wenn 
man sie auf das Portal mit beziehen darf, dasselbe zu einem der 
frühesten Werke der Renaissancearchitektur in Deutschland stem- 
pelt. Im übrigen zeigt das Haus die Formen der Spätzeit. Die 
Decke des Hausflurs hat eine sehr elegante Eintheilung von Qua- 
draten, in welche abwechselnd Rauten und Kreise gezeichnet 
sind, und deren Mitte zierliche Rosetten bilden. Alle diese in. 
Ulm so häufig vorkommenden Stuckdecken tragen das Gepräge- 
der ausgebildeten Renaissance. Die weitläufigen Hofgebaude 
lassen noch reichliche Spuren von eleganten grau in grau geJ 
malten Dec-orationen erkennen. An der dem Eingang gegenüber 
liegenden Wand sieht man eine grosse farbige Darstellung der 
Fortuna, und gegenüber ist eine Ansicht der Piazzetta von Vene- 
dig in reicher Einfassung gemalt, ein interessantes Document der
	        
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