Kap
Schwaben.
Ulm.
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lichen Brunnens, auf welcher die steife Figur St. Georgs mit
dem Drachen. Das Kapital zeigt eine derbe aber gut behandelte
Oomposita, die wasserspendenden Köpfe sind hier von Stein und
bei weitem nicht so schön wie jene bronzenen.
Welch schwungvollen Betrieb damals in Ulm die Decoration
jeder Art behauptet, sieht man besonders am Münster, WO das
südliche Portal eine der prachtvollsten Holzarbeiten der gesamm-
ten Epoche, inschriftlich vom Jahre 1618, zeigt. Die Ornamentik
ist hier nicht blos von herrlicher Erfindung, sondern auch meister-
haft in der Ausführung. Auch die Thürflügel des westlichen
Hauptportales sind reich geschnitzt. Wie lange aber dort die
Kunstgewerbe an den Traditionen der besten Zeit festhielten,
beweisen die herrlichen schmiedeeisernen Gitter, welche im In-
nern den Chor abschliessen und das Sakramentshäuschen um-
geben, erstere 1713, letztere gar 1737 durch Johann Virus Bzmz
gefertigt.
Was endlich den Privatbau Ulms betrifft, so zeigt er ge-
wisse gemeinsame Grundzüge, sowohl in der Anlage als in der
Ausstattung der Wohnhäuser. Im Grundplan sind die schloss-
artig isolirten, auf den Ecken meist mit Erkern, auch wohl mit
Thürmen ausgestatteten Häuser der Patrizier von den Reih in
Reih die Strassenzeilen begleitenden Wohngebäuden der Bürger
zu unterscheiden. Diese letzteren sind durchgängig mit Rücksicht
auf einen lebhaften und grossen Handelsverkehr angeordnet. Sie
haben grosse Flure, ursprünglich noch wie im Mittelalter meist
gewölbt, im Ausgang unserer Epoche aber auch mit flacher
Decke, die oft elegante Stuckdecoration zeigt. Die schmale An-
lage des mit dem hohen Giebel der Strasse zugekehrten mittel-
alterlichen Bürgerhauses ist festgehalten; mehrfach aber hat man
dadurch eine bedeutendere Breite gewonnen, dass man zwei oder
gar drei Hauser neben einander zusammenzog und die zwei oder
drei colossalen Giebel bisweilen durch eine dazwischen empor-
geführte, mit Arkaden deeorirte Stirnwand zu verbinden suchte.
Ein mächtiges Haus dieser Art sieht man mit drei Giebeln in
der Frauenstrasse; minder ausgebildet und nur mit zwei Giebeln
ist z. B. der jetzige Gasthof zum Hirschen und gleich daneben
die Brauerei zum Straussen. Aus dem breiten Flur führt zumeist
die aus derbem Eichenholz gearbeitete Treppe in das obere Ge-
schoss. An den Flur schliesst sich ein Hof, bisweilen von Neben-
gebäuden eingefasst, undauf diesen folgt wohl noch ein Garten,
Die künstlerische Ausstattung dieser Gebäude ist überaus schlicht
auf feinere Gliederung oder plastische Decoration wird Völlioi
verzichtet, und die schmucklosen Faoaden entbehren Sogar zum.