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III.
Buch
Renaissance in Deutschland.
derte er das Aeussere in eonventioneller Weise durch toskanische
Pilaster, welche mit einem Triglyphenfries schliessen. Ueber den
Grundlagen des alten am Ost-Ende des nördlichen Seitenschilfes
errichteten Thurmes führte er einen neuen Glockenthurm auf, den
er ebenfalls mit toskanischen Pilastern gliederte und in einen
achteckigen Aufsatz mit geschweiftcm Kuppeldach, einer so-
genannten wälschen Haube, enden liess. An den Portalen der
Kirche bemerkt 111311 110011 die gothische Profilirung und die
durchschneidenden Rundstäbe. Die Thürilügel des Hauptportales
sind reich, aber in barocken Formen und etwas plump geschnitzt.
Freier ist die Thür des nördlichen Seitenportals, welche gut
gearbeitete Friese und Masken zeigt. Auch die Eisenarbeit der
Thüren ist gediegen ausgeführt.
Im Innern bewahrt die Kirche eine überaus reiche Ausstat-
tung aus derselben Epoche. Zunächst sind die prachtvollen
Ohorstühle (Fig. 99) elegant geschnitzt und noch massvoll in
der Formgebung. Die hohen Rücklehnen sind durch zierliche
toskanische Säulchen getheilt, die einzelnen Felder abwechselnd
mit geflügelten Engelköpfen oder mit barocken Laubgewinden
decorirt. Besonders graziös sind die feinen barock geschweiften
Aufsätze. Ueppiger und überladener ist der Hochaltar, mit
stärkerer Anwendung phantastisch barocker Formen; ebenso die
Kanzel, mit hohem thurmartig aufgebautem reich decorirtem
Schalldeckel. Endlich sind die Emporen, welche auf weit ge-
stellten dorischen Holzsäulen das Schiff der Kirche umziehen,
an ihren Brüstungen mit treiiflichen Reliefs, Masken und Laub-
Werk geschmückt, das Ganze auf WBiSSGDI Grunde durch spar-
same Anwendung von Gold und Farbe fein decorirt.
Neben der Kirche nördlich steht ein Brunnen, ähnlich dem
im Neuen Bau, aber in den Formen geringer. Oben auf der
Säule die noch gothische Figur des h. Petrus, neu bemalt und
vergoldet. So gering die Steinhauerarbeit an der Säule ist, so
ausgezeichnet sind unten am Fuss die vier in Bronze ausgeführ-
ten, als schnurrbärtige Männerköpfe behandelten Masken sammt
den ebenfalls ehernen Ausgussröhren. Mit ihren Voluten, die in
phantastischer Weise mit den Halskrausen und der übrigen Or-
namentik des Kopfputzes verwebt sind, wahre Musterbeispiele
originell stilisirter Barockdecoration. Aehnliche Bronzewerke
sieht man an dem Brunnen beim Münster. Hier ist die Säule in
eigenthümlicher Weise achteckig und zwar spiralförmigkannelirt
und hat ein frei korinthisirendes Kapital, das einen Sitzendell
Löwen mit dem Wappenschilde der Stadt trägt. Aehnlich be-
handelt ist die Säule des an der Ostseite des Münsters befind-