392
III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Thätigkeit entfaltete. S0 zunächst der Neue Bau, jetzt dem
königlichen Kameralamt dienend, ursprünglich die kaiserliche
Pfalz, in welcher schon im Mittelalter bei Gelegenheit der häu-
figen Reichsversammlungen oder sonstiger Aufenthalte die Kaiser"
ihr Absteigequartier hatten, daher er lange der Kaiser- oder
Königshof hiess. Der aus dem Mittelalter rührende Bau wurde
nach einem Brande in einfach derben Renaissanceformen wieder
"hergestellt. In der etwas erhöhten Lage an der Blau, die unweit
von dort in die Donau fliesst, erkennt man noch jetzt den Platz
der mittelalterlichen Burg. Es ist ein weitläufiges, massiv aus
Backsteinen errichtetes Gebäude, das einen unregelmässigen fünf-
eckigen Hof umgiebt. Das Hauptportal nach der Nordseite ist
sehr plump mit schweren facettirten Quadern eingefasst. An der
Südseite sieht man zwei grosse rundbogige Portale, an welchen
jedoch eine geschweifte spätgothische Spitze angedeutet ist, wie
auch die Einfassung mit Rundstab und Kehle noch eine mittel-
alterliche Reminiscenz verräth. Daneben links ein kleines Pfört-
chen mit flachem spätgothischem Schweifbogen oder vielmehr
Sturz, in ähnlicher Weise mit Rundstab und Kehle proiilirt, aber
eingefasst mit kleinen dorisirenden Pilastern, in etwas roher und
stumpfer Behandlung mit linearen Flachornamenten am Schaft
ausgefüllt. Am Architrav liest man die verschlungenen Buch-
staben des Ulmer Meisters Georg Buchmüller, sein Steinmetzzeichen
und die Jahrzahl 1588. Das Hauptportal ist mit 1587 bezeichnet.
Der wackre Ulmer Meister gehört zu jener Reihe deutscher Ar-
chitekten, welche damals neben den Formen des neuen Stils noch
zähe an mittelalterlichen Gewohnheiten festhielten. An den Fen-
stern der Südseite sieht man hübsche Reste grau in grau aus-
geführter decorativer Malereien, die hier wie überall in Ulm die
Architektur begleiten. Auch im Innern des Hofes zeigen die
Fenster Spuren von ähnlichen Ornamenten. An der Südseite
desselbensind Arkaden im Rnndbogen auf unglaublich kurzen
schwerfälligen Säulen, die sich zu einer zweischifiigen Halle mit
Kreuzgewölben auf ebenfalls sehr kurzen dorisirenden Säulen
vertieft. In der Mitte des Hofes steht ein achteckiges Brunnen-
hecken mit schlanker zierlich behandelter Säule, am Postament
Köpfe von ungeschickter Bildung, der Schaft kräftig ausgebaucht
und oberhalb spiralförmig gewunden, mit einem korinthischen
Kapital gekrönt, welches eine gute weibliche Figur trägt. In der
südöstlichen Ecke ist ein Treppenthurm angebracht, die Treppe
mit gewundener gothisch protilirter Spindel, oben mit einer hüb-
schen Brüstung abgeschlossen, an welcher eine originelle Maske
und das Monogramm des Meisters Peter Schelfelt, der also (liggg