Kap
Schwaben.
Ulm.
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Bekrönung ein kleiner über-eck gestellter Gloekenstuhl. Darunter
befindet sich die Uhr mit dem grossen gemalten Zifferblatt, wel-
ches den Thierkreis enthält und die Bewegungen der Erde und
-des Mondes darstellt, 1580 von dem Strassburger Uhrmaßhel"
Isaak Ilabrecht angefertigt oder wiederhergestellt. Im Uebrigen
beweisen starke Spuren mehrfach erloschener Malereien, dass
der ganze sehr schlicht ausgeführte und mit Stuck bekleidete
Bau auf farbige Decoration berechnet war. Besonders lassen sich
"noch beträchtliche Reste einer aufgemalten Maasswerkgalerie er-
kennen, die sich unter den Fenstern des ersten Stoekes hinzog.
Ebenso hatten die Fenster des zweiten Stockes aufgemalte Krö-
nungen von Fialen und Wimpergen, während im Uebrigen die
Flächen historische, wahrscheinlich biblische Darstellungen zeig-
ten. An der Nordseite gegen eine enge Querstrasse hin ist das
Erdgeschoss mit Arkaden durchbrochen, deren flache Bögen auf
Rundpfeilern ruhen, die noch in mittelalterlicher Weise mit acht-
eckigem Fussgesims und Kapitäl ausgestattet sind. Auch diese
Facade ist ganz bemalt gewesen; in den Bögen zwischen den
unteren Fenstern sieht man Spuren historischer Bilder, über den
Arkaden zieht sich wieder eine breite Galerie von Fischblasen-
mustern hin, und oben sieht man grosse Baldachine, bei welchen
der Rundbogen jedoch vorherrscht, die Grundmotive indess durch-
aus gothisch sind, das Ganze noch in der Verstümmelung präch-
tig und phantasievoll. Merkwürdig ist an der Rückseite die erst
162.5 ausgebaute Halle der städtischen Waage. Es ist ein im-
posanter Raum, auf zwei Reihen einfacher Säulen basilikenartig-
emporgeführt, das höhere Mittelschiff mit einem Tonnengewölbe,
die Seitenschilfe mit einem Kreuzgewölbe bedeckt. Bei schlichter
Behandlung der Formen wirkt das Ganze höchst bedeutend.
Für die Datirung des älteren Baues ist die Jahrzahl 1539
bezeichnend, welche man an einem gothisehen Nebenpförtehen
der Nordseite liest. Das Innere bietet nicht viel, die Treppe
führt steil ansteigend zu einem kleinen Portal, das mit sehr
kindlich spielenden Renaissanceformen decorirt ist und jedenfalls
ungefähr derselben Zeit angehört. Oben findet man den grossen
Vorplatz, der allen damaligen deutschen Rathhäusern gemeinsam
ist. Seine acht gothisch profilirten kräftigen Holzsäulen, mit
mannigfachem Schnitzwerk ausgestattet, tragen in zwei Reihen
die mächtigen Hauptbalken, deren Profile schon die Renaissance-
form zeigen. Der Rathssaal ist unbedeutend, mit gothiseh pro-
filirter Holzdecke.
Die übrigen städtischen Bauten gehören dem Ende der Epoche
an, wo sich grade hier eine überaus bedeutende architektonische