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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
Rippen und reich geschmückten Schlusssteinen, an den Wänden
auf Consolen mit Brustbildern ruhend, bedecken den Raum. Der
Chor, über welchem ein achteckiger Thurm aufsteigt, ist polygon
geschlossen und ebenfalls mit einem Rippengewölbe versehen.
An seinem Schlussstein zeigt sich die oben erwähnte Jahrzahl,
das Wappen der Familie und die Inschrift: „Albrecht, Johann,
Philipp, Ravan, Conrad, alle von Liebenstein". An der West-
seite ist eine Empore auf zwei korinthischen Säulen eingebaut.
Die Fenster der Kirche sind spitzbogig und mit g-othischem Maass-
werk versehen. Mittelalterlich ist auch die reiche Polychromie,
in welcher die plastischen Details durchgeführt sind. Die grösste
Pracht entfaltet aber die Facade (Fig. 97), die nicht bloss an
den beiden Portalen, sondern auch an dem mit Hermen und Halb-
säulen, mit Consolen, Voluten und aufgesetzten Pyramiden über-
reich geschmückten Giebel ein wahres Prunkstück des Barockstyls
ist. Die Ornamentik geht völlig in Nachahmung von Schlosser-
arbeit auf. Bei alledem zeigen die Fenster selbst hier noch den
gothischen Schweifbogen.
Weiter ist hier Gmünd anzuschliessen, dessen Renaissance-
werke freilich keinen Vergleich mit den bedeutenden Schöpfungen
der mittelalterlichen Kunst an der romanischen Johanniskirche
und der gothischen Kirche zum heiligen Kreuz aushalten. Dennoch
spricht sich das reiche gewerbliche Leben der Stadt und" ihr
grossartiger Handel, der damals schon bis nach Lissabon und
Constantinopel reichte, in einigen stattlichen Bauwerken aus-l)
Dahin gehört namentlich die sogenannte Schm alzgrube bei der
Franziskanerkirche, ein schönes, in massivem Quaderbau ausge-
führtes Gebäude. Das Erdgeschoss, in treiflicher Rustika errich-
tet, hat drei Portale, von welchen das mittlere besonders reich
geschmückt ist. Ueber demselben das Wappen der Stadt mit
einer grossen Inschrifttafel und der Jahrzahl 1589. Im Innern
hat das Erdgeschoss kräftige Wölbungen, das obere enthält einen
grossen Saal, dessen Holzdecke in der Mitte auf fünf schönen
Säulen aus Eichenholz ruht. Der Bau datirt vom Jahre 1591.
Ein stattlicher Holzbau aus früherer Zeit ist das 1507 er-
richtete Kornhaus, in Construktion und Formbildung jedoch
noch ganz mittelalterlich. Mehrere ältere Gebäude gehören zu
dem im Hauptbau modernen Heiligengeistspital, so das alte
Amtshaus mit steinernem Erdgeschoss und treiflichem Balken-
werk vom J. 1495. In dem nördlich daranstossenden Gebäude
zeigt die sogenannte Uhrstube ein schönes "Päfeliverk und zwei
Beschr.
Das Historische in der
Gmünd.
Oberamts
des
Stuttgart 187 0.