Kap-
Schwaben.
Die Reiehsstädte.
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sich ein gothischer Dachreiter mit einer Glocke erhebt, schliesst
den Bau ab. An der östlichen, der Stadt zugewendeten Seite ist
zwischen den Fenstern des oberen Geschosses das Wappen der
Stadt in überaus zierlicher barocker Umrahmung angebracht, von
zwei Hermen mit verschlungenen Schlangenschwänzen gehalten.
Der Frührenaissance gehört das thurmartige hohe Eckhaus
an der linken Seite des Marktes, das mit seinen wenigen kleinen,
zum Theil gekuppelten Fenstern und den seltsam geschweiften
Pilastern seines Giebels die spielende Willkür der beginnenden
Renaissance-Epoche erkennen lässt. Auf der Ecke ist ganz oben
ein diagonal gestellter Erker auf zwei verschobenen Bögen
wunderlich genug heraus gebaut. Der Erker ist ebenfalls mit
ausgeschweiften Pilastern und zwei Medaillonbrustbildern ge-
schmückt. -,Etwas später datirt das Deutschordenshaus,
dessen Gebäude eine malerisch wirkende Gruppe bilden, welche
einen geschlossenen Hof umgeben. An dem rückwärts im Hof
liegenden Gebäude ist ein polygoner Erker in energischer Pro-
filirung vorgekragt und mit 1566 bezeichnet. Früher datirt aber
der daneben liegende Bau i) mit stattlicher Freitreppe, recht-
winkligem Erker vom Jahr 1548, welcher durchschneidende Stäbe
von gothischer Profilirung zeigt. Dazu ein abgetreppter Giebel
und ein kräftig behandeltes Portal. Die Freitreppe mit ihrer
Balustrade gehört aber späterer Zeit. Dagegen sieht man an
dem zurückliegenden Flügel ein Portal von 1550, ebenfalls mit
gothisch durchschneidenden Stäben. Die Wendeltreppe, zu wel-
chem, dasselbe führt, ist ebenfalls noch mittelalterlich in Form
und Construktion.
Der Privatbau der Stadt hält trotz des trefflichen Sandsteins
der Umgebung während der ganzen Epoche am Riegelbau fest,
und nur das Erdgeschoss pflegt in Stein aufgeführt zu sein. Da-
bei kommen dann oft hübsche Oonsolen als Unterstützung der
oberen Stockwerke vor.
Hier möge eins der originellsten Bauwerke der Zeit ange-
schlossen werden, obwohl es nicht zu den städtischen Gebäuden
zählt. Südlich von Heilbronn unweit Besigheim liegt die Schloss-
kapelle von Lieb ens tein, ein Prachtstück vom Ende der Epoche,
am Chorgewölbe mit der Jahrzahl 1590 bezeichnet. Wie an den
meisten kirchlichen Bauten der Zeit mischt sich dabei die Re-
najssance mit gothischen Formen und Construktionen. Der Bau
bildet ein Rechteck, das durch zwei korinthische Säulen in zwei
Schiffe getheilt wird. Kreuzgewölbe mit gothisch profilirten
Reiseskizzen, Heft
1) Abbildung in Dollingefs
Blatt