Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Kap- 
Schwaben. 
Stuttgart. 
375 
Kanzleistrasse die den Hof umgebende Mauer schliesst. Unsre 
Abbildung auf S. 160 zeigt eine edel entwickelte Renaissance, die 
nicht blos in den eleganten kannelirten korinthischen Säulen, 
sondern auch in den Reliefbildwerken, welche die Bogenzwickel 
füllen, zu den schönsten Arbeiten jener Zeit gehören. Das Eck- 
haus an der Kronprinzen- und Lindenstrasse mit seinem hohen 
geschweiften Giebel wurde 1580 begonnen. Die jetzige reiche 
Ausschmückung der Facade mit Fresken ist eine tüchtige Arbeit 
des vorigen Jahrhunderts.  
Allen diesen gediegenen und zum Theil prachtvollen Schöpf- 
ungen gegenüber ist es überraschend, wie dürftig das Bürger- 
thum in Stuttgart sich architektonisch ausgeprägt hat. Rings 
umgeben vom schönsten Sandstein in unerschöpflich reichen 
Lagern hat der bürgerliche Wohnhausbau bis in die Gegenwart 
überwiegend am Holzbau festgehalten, uud zwar in einer Weise, 
welche die künstlerische Ausbildung des Fachwerkbaues gänzlich 
vernachlässigt und in elender Charakterlosigkeit die Construction 
durch Putz zu verdecken sucht. Selbst das Rathhaus ist ein 
werthloses Produkt dieser Richtung. Ein paar andere hohe 
Giebelhäuser am Marktplatz haben wenigstens durch Erker ein 
belebteres und zugleich stattlicheres Gepräge erhalten. Von die- 
sen ist das jetzt mit Nr. 5 bezeichnete ein Prachtstück einfacher 
und doch wirkungsvoller Composition, durch reiche Balkons, 
Altane und drei hoch aufgebaute Erker mit Spitzdächern von 
malerischer Wirkung. Aus Schickhardfs Inventar geht hervor, 
dass es derselbe Bau ist, welchen er mit Ausnahme des altern 
noch gothischen Erdgeschosses 1614 für Christoph Keller ausge- 
führt hat. Im Uebrigen trägt Alles selbst in der nordwestlich 
von "der alten Stadt gelegenen Turnierackervorstadt, in welcher 
man um 1615 „die lustigsten Strassen, schönsten l-lauser und 
reichsten Leute" fand, und die man dann die reiche Vorstadt 
nannte, durchweg denselben dürftigen Charakter des sehlichtesten 
Riegelbaues. Nur einige der ansehnlichereri Hauser, deren Erd- 
geschoss massiv errichtet ist, zeigen eine Spur künstlerischer 
Ausstattung in den oft prächtig ausgeführten Steinconsolen, welche 
an den Ecken über dem Erdgeschoss die oberen Stockwerke anf- 
nehmen. Das beste Beispiel dieser Art ist die in Fig. 93 abge- 
bildete Console am Eckhaus der Königstrasse gegen die Planie. 
Einige andere finden sich noch in mehreren Strassen der reichen 
Vorstadt, namentlich in der Büchsenstrasse, wo Mehreres auf 
Schickhardt hinweist, in der Garten, Calwer-, Kanzleistrasse und 
anderwärts. Eine prächtige Console mit ausdrucksvollem mann- 
lichem Kopfe vom Jahre 1605 an der Ecke der Kirchstrasse und
	        
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