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III.
Buch
Renaissance in Deutsichland.
Allgemeiner
Theil.
setzt. Die Markuskirehe schildert er als „zierlich und stattlieh
erbauen, inwendig die Mauern, Pfeiler, wie auch das Pflaster
von schönem Marmor, oben das Gewelb mit schönen alten
mosaisehen Geschichten zierlich gemalet und neben umher mit
Gold verkleibttäi) Der Rathssaal im herzoglichen Palast hat
„treiiiehe kunstreiche gemalte Historien gleich als were es leben-
dig". Ueber dem Portal der hlarkuskirche bemerkt er die „vier
schönen kunstreichen gegosen Pferdt von Metall, alle in gleicher
Grösse, aber jedes auf eine andere Manier, sehr zierlich und
wohl gemacht". In Rom endlich sind es vor Allem die antiken
Bauwerke, Welche seine Aufmerksamkeit erregen. Von der Peters-
kirche fügt er hinzu: „was das neie Gebey anlang-t, da solches
volviert und zum Ende gebracht, wird es ein so herrlich und
stattlieh Werk, dero gleichen Weit nicht zu sehenü?)
Uns fällt bei Alledem am schärfsten auf, dass er für die
Werke eines Raphael, Michelangelo kein Auge hat, ja dass die
ganze grosse Entwickelung der Renaissancekunst für ihn nicht
vorhanden scheint. Aber auch darin steht er nicht vereinzelt.
Als Luther 1510 seine Pilgerfahrt nach Rom machte, waren dort
eben die beiden grössten Maler der christlichen Zeit im Wetteifei-
bemüht, den Vatikan mit ihren unsterblichen Werken zu schmücken.
Während heute selbst der oberflächlichste Reisende, der nach
Anleitung der modernen Rcisehandbüehcr die Kunst betreibt, mit
Rom in 14 'l'agen fertig- zu werden, doch mindestens einmal die
Stanzen und die sixtinische Kapelle durchwandert, haben wir
keine Andeutung, dass Luther, der doch ein oifenes Auge für
die Dinge besass, von all den Schöpfungen der neuern Kunst
Notiz genommen hätte. Sechs Jahre später (1516) besuchte
Pellieanus Rom; aber auch dieser, so lebendiges Interesse er
an Denkmälern der Kunst nimmt, berührt nicht mit einem Worte
die Gemälde der sixtinischen Kapelle, obwohl er dort einer päpst-
lichen Vesper beiwohnte. Gern hätte er "die Trümmer der
ältesten Bauwerke und Bäder gesehen", aber er durfte nicht frei
ausgehen und war nicht sicher vor Räubern. Dagegen erwähnt
er die hundert und zehn Marmor-stufen, welche zu Araceli hinauf-
führen, und bewundert die Aussicht von oben. Auch die schöne
Kirche Santa Maria del Popolo fällt ihm auf; in der Laterans-
basilika sieht er noch die prächtigen Säulenreihen und merkt
sich den Kreuzgang und die Taufkapcllc. Wie gut er beobach-
A. a.
Neujahrsbl.
0. S. 153. 2) A. a. 0. S. 167.
der Züricher Stadtbibl. 1871. S. 11.
Ohrönik,
Pellicanus
vgl.