Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

22 
III. 
Buch 
Renaissance in Deutsichland. 
Allgemeiner 
Theil. 
setzt. Die Markuskirehe schildert er als „zierlich und stattlieh 
erbauen, inwendig die Mauern, Pfeiler, wie auch das Pflaster 
von schönem Marmor, oben das Gewelb mit schönen alten 
mosaisehen Geschichten zierlich gemalet und neben umher mit 
Gold verkleibttäi) Der Rathssaal im herzoglichen Palast hat 
„treiiiehe kunstreiche gemalte Historien gleich als were es leben- 
dig". Ueber dem Portal der hlarkuskirche bemerkt er die „vier 
schönen kunstreichen gegosen Pferdt von Metall, alle in gleicher 
Grösse, aber jedes auf eine andere Manier, sehr zierlich und 
wohl gemacht". In Rom endlich sind es vor Allem die antiken 
Bauwerke, Welche seine Aufmerksamkeit erregen. Von der Peters- 
kirche fügt er hinzu: „was das neie Gebey anlang-t, da solches 
volviert und zum Ende gebracht, wird es ein so herrlich und 
stattlieh Werk, dero gleichen Weit nicht zu sehenü?) 
Uns fällt bei Alledem am schärfsten auf, dass er für die 
Werke eines Raphael, Michelangelo kein Auge hat, ja dass die 
ganze grosse Entwickelung der Renaissancekunst für ihn nicht 
vorhanden scheint. Aber auch darin steht er nicht vereinzelt. 
Als Luther 1510 seine Pilgerfahrt nach Rom machte, waren dort 
eben die beiden grössten Maler der christlichen Zeit im Wetteifei- 
bemüht, den Vatikan mit ihren unsterblichen Werken zu schmücken. 
Während heute selbst der oberflächlichste Reisende, der nach 
Anleitung der modernen Rcisehandbüehcr die Kunst betreibt, mit 
Rom in 14 'l'agen fertig- zu werden, doch mindestens einmal die 
Stanzen und die sixtinische Kapelle durchwandert, haben wir 
keine Andeutung, dass Luther, der doch ein oifenes Auge für 
die Dinge besass, von all den Schöpfungen der neuern Kunst 
Notiz genommen hätte. Sechs Jahre später (1516) besuchte 
Pellieanus Rom; aber auch dieser, so lebendiges Interesse er 
an Denkmälern der Kunst nimmt, berührt nicht mit einem Worte 
die Gemälde der sixtinischen Kapelle, obwohl er dort einer päpst- 
lichen Vesper beiwohnte. Gern hätte er "die Trümmer der 
ältesten Bauwerke und Bäder gesehen", aber er durfte nicht frei 
ausgehen und war nicht sicher vor Räubern. Dagegen erwähnt 
er die hundert und zehn Marmor-stufen, welche zu Araceli hinauf- 
führen, und bewundert die Aussicht von oben. Auch die schöne 
Kirche Santa Maria del Popolo fällt ihm auf; in der Laterans- 
basilika sieht er noch die prächtigen Säulenreihen und merkt 
sich den Kreuzgang und die Taufkapcllc. Wie gut er beobach- 
 A. a. 
Neujahrsbl. 
0. S. 153.  2) A. a. 0. S. 167.  
der Züricher Stadtbibl. 1871. S. 11. 
Ohrönik, 
Pellicanus 
vgl.
	        
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