Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

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III. 
Buch. 
Renaissance in Deutschland. 
breit und vollständig von einem gewölbten Säulengang umgeben, 
der sich (vgl. Fig. 89) in der Mitte der Lang-seiten zu einer 
zweischiffigen Halle vertiefte und dort durch Freitreppen, die in 
das obere Geschoss führten, auf beiden Seiten erstiegen wurde. 
Ueber diesem Mittelbau erhob sich eine obere offene Loggia auf 
Säulen, mit ihrem Giebeldach quer in das hohe Hauptdach ein- 
schneidend. Ueber den Arkaden zog sich eine mit durchbroche- 
ner Balustrade eingefasste Altane hin, auf welcher man um 
den ganzen Bau frei herumgehen konnte. Auf den Ecken waren 
vier niedrige Rundthürme mit schlankem Spitzdach errichtet, im 
unteren und oberen Geschoss prächtige Zimmer mit reieh gemal- 
ten gothischen Sterngewölben enthaltend. Der ganze Bau bildete 
(vgl. Fig. 59 auf S. 211) im Erdgeschoss eine grosse auf 27 Säu- 
len ruhende, mit Netzgewölben überdeckte Halle, in welcher drei 
vertiefte quadratische Bassins, rings von breiten Arkadengängen 
umgeben. Aus den mittleren Säulen strömte durch metallene 
Röhren das Wasser fortwährend ein, und in dem heissen Stutt- 
garter Thalkessel hätte nicht leicht eine Anlage erdacht werden 
können, welche in so vollkommener Weise eine schattig kühle 
Wandelbahn bei erfrischendem Brunnenrauschen zu gewähren 
vermochte. 
Der Bau bot aber auch in seiner Ausstattung Alles auf, was 
die damalige Zeit zu leisten vermochte. Die Arkaden waren in 
den architektonischen Theilen mit der vollen Pracht der damali- 
gen Ornamentik geschmückt. Dazu kamen an den Tragsteinen 
der Gewölbe 50 in Sandstein ausgehauene Brustbilder- von Fürsten 
und Fürstinnen des würtembergischen Hauses und der verwand- 
ten fürstlichen Geschlechter, wahre Prachtstücke der Bildnerei, 
in dem ganzen Reichthum des damaligen Kostüms durchgeführt. 
Alles dies so wie die Gewölbe in den Arkaden, den Thurmzin1- 
mern und der Bassinhalle strahlte von Gold und Farbenschmuck. 
Bei der vandalischen Zerstörung hat man diese Arbeiten in bru- 
taler Weise vernichtet und in die Fundamente des Theaterbaues 
geworfen; nur einige Reste sind auf die Villa des damaligen 
Kronprinzen bei Berg und auf den Lichtenstein gerettet wor- 
den. 1). Das obere Geschoss enthielt in ganzer Ausdehnung einen 
einzigen mächtigen Saal, der seines Gleichen nicht fand. Durch 
14 grosse Fenster, deren sehr originelle Form unsere Abbildung 
 Den Bemühe des Architekten Beisbarth verdankt man eine 
vollständige kurz vor dem Abbruch im Jahre 1846 ausgeführte Aufnahme, 
aus mehreren hundert grossen Blättern bestehend, jetzt im Besitz des 
Stuttgarter Polytechnikums. Eine kleine Publikation hat nach diesem Ma- 
terial Bäumer vor einigen Jahren herausgegeben-
	        
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