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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Dazwischen das schöne durchbrochene Geländer der beiden obe-
ren Stockwerke (Fig. 33) mit dem Motiv regelmässig verschlunge-
ner Bänder; sodann die im Flachbogen energisch gespannten
Arkaden und das kräftige Rippenwerk der Gewölbe, dies letztere
noch gothisch, sonst Alles Renaissance, in echt deutscher Weise,
anheimelnd und malerisch, den Bedingnissen unserer Sitte und
unseres Klimas angepasst. Dazu die trefflichen Wendeltreppen
in den beiden Eckthürmen, die nördliche einfacher, aber mit"
der stattlichen Figur eines wachthaltenden Kriegers im Innern
auf der Brüstung, die südliche reicher behandelt mit prächtigem
verschlungenem Maasswerk an der ganzen Unterseite, oben
mit einem Sterngewölbe geschlossen. Auch die in zierlichem
Renaissancerahmen am südlichen Treppenthurm hoch oben an-
gebrachte Uhr gehört noch derselben Zeit.
Nördlich vom Schlosse breitete sich der Lustgarten aus,
durch eine niedrige Mauer mit vier Eckthürmen, welche Zimmer
enthielten, abgeschlossen. Zur Rechten hatte man den Garten
der Herzoginß) mit fremden seltenen Gewächsen, Gartenhäusern
und Springbrunnen geschmückt. Links erhob sich das Ballhaus,
ebenfalls von einem Garten umgeben, mit einem prächtigen Por-
tal, an welchem man die Figuren der Justitia und der Pallas
sah. Weiter rechts lag das alte Lusthaus und die alte Rennbahn,
150 Schritt lang und 60 Schritt breit, am Eingang zwei hohe
gewundene Säulen, welche die Standbilder der Fortitudo und
der Temperantia trugen. Mitten auf der Rennbahn zwei kleinere
Säulen mit der „Frau Venus und ihrem Sohn Cupido, an denen
Beiden die Corden aufgehangen wird, wenn man nach dem Ring-
lein rennt. Welche Bildnissen der Ritterschaft eine Anreitzung
geben, wenn sie Frau Veneris und des löblichen Frauenzimmers
Gunst und Glimpff erhalten wollen". Sodann noch eine Säule
ausserhalb der Schranken mit dem Bilde der Fortuna, "welche
am linken Arm einen Korb trägt, dadurch ein Mann fällt, denn
wer sich wider Gebühr in dem Ritterspiel zeigt, der fällt bei
dem löblichen Frauenzimmer gewisslich durch den Korb
Unterhalb der Rennbahn wieder zwei hohe-Säulen, den ersten
gleich, mit den Statuen der Justitia und Victoria. Ob und neben
der Bahn ist zur Rechten das Schiess- oder Armbrusthaus, zur
Linken gegen das alte Lusthaus der Irrgarten mit Sommerpavillon
und Brunnenwerken. Dann kommt die neue Rennbahn, ebenso
L
Vgl. Wahrhaffte histor. Beschreibung etc. p. 55 ff. Auf einem alten
Stlßh v_0n 1641, welcher in Kavallierperspective die Stedt Sjsuttgart dar-
stellt, 1st der damalige Zustand dieser Anlagen anschaulich wiedergegeben.