Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Kap. IX. 
Schwaben. 
Stuttgart. 
353 
Länge und ist in drei Geschossen mit stattlichen Bogenhallen 
umgeben, deren Flachbögen auf kräftigen Säulen ruhen. In ori- 
gineller Anordnung sind die Arkaden um die beiden in den Ecken 
des Westflügels liegenden runden Treppenthürme herumgeführt. 
Dem Eintretenden zur Rechten liegt die Kapelle C, zu Welcher 
im unteren und obern Geschoss reich dekorirte, Portale führen. 
Aus dem östlichen Flügel D springt aber ein gewaltiges Treppen- 
haus vor, das sich schon durch die schräg gestellten Fenster in 
seiner Bedeutung ankündigt. In einer Urkunde des Stuttgarter 
Archivs vom 23. August 1558 befiehlt Herzog Christoph dem 
Meister Blasius Bermart, sich nach Dillingen zu begeben, wo er 
im Schlosse des Bischofs von Augsburg „einen Schnecken" ge- 
sehen, der ihm dermassen gefallen, dass er einen ähnlichen im 
Stuttgarter Schloss ausführen lassen wolle. Da später von dem 
„Schnecken am alten Hause" noch weiter die Rede ist, so kann 
nur diese grosse Reitschnecke oder -Treppe gemeint sein. Ein 
gewölbter Thorweg vermittelt den Eingang in das Treppenhaus 
und zugleich in den kolossalen Raum der Türnitz D, in welche 
man mit Ross und Wagen hineinfahren konnte. Die Treppe 
selbst ist eine sanftansteigende Rampe, die auf steigenden Kreuz- 
gewölben ruht und auf deren steinernem Fussboden man bis in 
das oberste Geschoss hinaufreiten kann. Der zur Linken im 
spitzen Winkel vorspringende Bau enthält die breite Treppe, 
welche zu den kolossalen gewölbten Kellern hinabführt. 
Von besonderem Interesse muss ursprünglich die jetzt ver- 
wahrloste ungeheure 'l'ürnitz gewesen sein. Bei einer Breite von 
60 Fuss und einer Länge von 165 Fuss wird der Raum durch 
Pfeiler mit hohen Rundbögen in zwei Schiffe getheilt. Grosse 
gothische Fenster, fünf in der Front, je zwei an den andern 
Seiten, führten ihm ein genügendes Licht zu. Ohne Zweifel bil- 
dete der Saal ursprünglich das Hauptgebäude, den Pallas der 
Burg, der im Mittelalter als Versammlungs- und Speisehalle des 
Grafen und seiner Vasallen diente. Später scheint er zu kleine- 
ren Turnieren benutzt worden zu sein, aber schon zu Herzog 
Christophs Zeiten war er zur Speisehalle der mittleren und nie- 
deren herzoglichen Beamten und Hofdiener bestimmt, die hier 
gegen 450 Köpfe stark an 50 Tischen täglich gespeist wurden. 
Der anstossende Thurm F hat unten einen Saal, dessen Kreuz- 
gewölbe auf einer mittleren Rundsäule ruhen. Eine eingebaute 
Wendeltreppe bildet die Verbindung mit dem oberen Geschoss, 
wo ein ähnlicher Saal sich befindet. Der Thurm G enthält im 
Innern einen grossen Saal von 36 Fuss Durchmesser und steht 
mit der Türnitz durch eine Thür in Verbindung. Im Ugbl-jgen 
K u gler, Gesch. d.Baukunst.V.  23
	        
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