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III.
Buch.
in Deutschland.
Renaissance
nungen reich durchwebtes Tagebuch Auskunft, welches unter
seinem Nachlass sich befindet. Seine Berichte haben noch ganz
den naiven Ton, welchen wir aus Dürefs Reisetagebuch kennen,
doch geht er auf das, was sich ihm Bemerkenswerthes darbietet,
bisweilen ziemlich ausführlich ein. Die Reise ging über Ulm und
Augsburg zunächst nach Venedig, von dort in die übrigen Städte
Oberitaliens westlich bis Mailand; wir finden Mittheilungen aus
Venedig, Padua, Ferrara, Vicenza, Mantua, Mailand, Casale di
Monferrato. Er zeichnet nicht bloss Facaden wie die Bibliothek
von San Marco und den Palazzo Bevilacqua zu Verona, mehrere
Glockenthürme zu Venedig, die Rialtobrücke, Kirchenfacaden,
wie die Jesuitenkirche zu Mailand, sondern achtet auch auf aller-
lei mechanische Einrichtungen, vorzüglich Wasserwerke. Gleich
zu Ulm fallt ihm dasdortige Wasserwerk auf, das er in aus-
führlichen Zeichnungen darstellt. Ebenso in Augsburg und an
manchen andern Orten. Auch die Construetion von hölzernen
Jochbrücken wie zu Trient, die Anlage der Kamine in Venedig,
die Schleuseneinrichtung und die Schiffahrt auf der Brenta, eine
hölzerne Hängebrücke in Tyrol, die Maschinen zum Ausbaggern
der Kanäle zu Venedig, das Alles stellt er mit grossei- Gründ-
lichkeit dar. Er bewährt sich nicht blos in diesen technischen
Dingen, sondern auch in künstlerischen Werken als geschickter
Zeichner, dem auch Figürliches wohl gelingt, obgleich seine Ge-
stalten die manierirte Auffassung der Zeit nicht verleugnen. Be-
sonders sind ihm die Rathhäuser von Padua und Vicenza wegen
ihrer Aehnlichkeit mit dem Lusthaus in Stuttgart aufgefallen, und
er hat sie in äusseren Ansichten und Querschnitten wieder-
gegeben. Sein Interesse für den Festungsbau erkennt man aus
der Darstellung des Castells von Trient und der Citadelle von
Casale di Monferrato. In Vicenza hat ihn besonders auch Palla-
die's Theater angesprochen, das er in einem Grundriss und Auf-
riss des Bühnengebäudes mittheilt.
Dass aber seine Reise sich nicht auf Oberitalien beschränkt
hat, beweist ein zweites Quartheft, auf dessen Titelblatt er einen
Altar von Padua gesetzt hat, mit der Bcischrift: „Etliche Gebey,
die Ich Heinrich Schickhardt in Italien verzaichnet hab die mier
lieb send." Auf der Rückseite des Blattes liest man noch einmal
seinen Namen und folgende Ermahnung: „Dise Biechlein sol man
nach meinem Absterben in hohem Werdt halten und von meindt-
wegen aufheben." rHier sieht man sofort, dass einem damaligen
Architekten die Bauten Palladids zum Wichtigsten in Italien ge-
hörten, denn nicht Weniger als zehn Blätter sind dessen Werken
in Vicenza gewidmet. Diese Zeichnungen sind mit grosser Sorg-