Geistes.
Die Renaissance des deutschen
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Schöpfung des Handwerkers, in der gothischen Epoche mehr als
jemals der eonventionellen Schablone unterworfen, gewinnt jetzt
das Gepräge eigenartiger Künstlersehaft, selbst auf die nicht
immer vermiedene Gefahr, in's Wunderliche, Baroke, Kaprieiösc
auszuarten. Zugleich treibt die Entfaltung der Wissenschaft zu
einer Menge technischer und mechanischer Erfindungen, die frei-
lich bisweilen in künstliche Spielereien sich verloren. Nicht bloss
allerlei Automaten, eomplicirte Uhrwerke, Kunstschränkc mit
überraschenden Geheimnissen, sondern selbst Probleme wie die
Herstellung des Perpetuum mobile beschäftigen manchen kunst-
reichen Meister. Besonders diejenigen Gewerbe, welche für die
prächtige Ausstattung der Wohnung und der Menschengcstalt
selbst arbeiten, erfreuen sich glänzender Piiege. S0 namentlich
die Goldsehrniedekunst, mit welcher sich Emaillirung und die
Arbeit in edlen Steinen verbindet. Kaum hat je eine andere Zeit
einen grösscrn Luxus in Schmucksachen, kostbaren Gerathen und
Gefässen, Möbeln und andern Dingen des Hausrathes und der
Ausstattung getrieben.
Hand in Hand mit dieser Entwickelung der Gewerbe geht
nun die Ausbreitung des Handels. Während Frankreich damals
im Wesentlichen von den Nachbarlandern abhängig bleibt, er-
greifen die deutschen Städte mit Energie jede Gelegenheit, ihren
Handel nicht _bloss nach Italien und über Italien hinaus bis zum
Orient zu erstrecken, sondern sich ebenso durch Frankreich mit
dem Mittelmeer und durch die Niederlande mit Westindien in
Verkehr zu setzen. 1) Zugleich fand über Emden eine Verbindung
mit England statt, während über Leipzig, Breslau und Prag der
Verkehr nach dem Norden und Osten, nach Russland und Polen
seinen Weg suchte. Augsburg und Nürnberg, daneben auch Ulm
bilden den Mittelpunkt des süddeutschen Handels, der bis tief
nach Ungarn hinein selbst über Wien lange Zeit das Ueber-
gewicht behauptet. Jeden sich neu eröffnenden Weg weiss der
deutsche Handel für sich zu ersehliessen und bis gegen das Ende
dieser Epoche sich in seiner Bedeutung zu behaupten. Oftmals
wurden nicht bloss die deutschen Kaiser, sondern auch die Könige
von Frankreich und Spanien Schuldner der deutschen Kaufleute,
Wofür den Letztem mancherlei Handelsprivilegien bewilligt wurden.
Die grossartige Bedeutung von Hausern wie die Fugger und die
Weiser zu Augsburg ist Weltbekannt. Von der Rührigkeit des
Strebens und der Vielseitigkeit der Beziehungen giebt u. A. des
Ulmer Kaufherrn Ott Ruland's Handlungsbuch schon im I5. Jahr-
Ueber alle diese Verhältnisse vgl. Joh.
Ilandels Bd. II. 13 H, 40 fgm, 59, (il etc.
Falke,
Gesell.
deutschen