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III.
Buch.
Deutschland.
Renaissance
gefasst, deren Formen, abweichend von denen des vorderen Por-
tales, noch der Frührenaissance gehören. Drei reich ornamen-
tirte Pilaster tragen ein Gebälk, über welchem das würtembergische
Wappen in Gold und Farbenschmuck heraustritt. Ueber dem
Schlussstein des Thorbogens entwickelt sich ein consolcnartiges
Kapital, welches den drei Pilasterkapitälen entspricht und die
durch den Bogen unterbrochene Rhythmik des Aufbaues geschickt
wieder herstellt. Ueber den äusseren Pilastern sind zwei Fahnen-
träger im reichen Kostüm der Zeit angebracht; über den inneren er-
hebt sich ein oberer. Aufsatz mit Säulen, welche die IPig-uren zweier
Trompeter tragen. Daneben ist beiderseits mit einem Viertels-
bogen ein Feld eingefasst, welches die würtembergischen Wappen-
thiere Hirsch und Löwe im Flachrelief zeigt. Gelangt man durch
den Thorweg in den inneren Hofraum, so mündet derselbe dort
in einem Portal, das ähnliche, nur etwas einfachere Formen zeigt.
Da man hier die Jahrzahl 1577 liesst, so wird man beide Por-
tale der Regierungszeit Herzog Ludwig's zuschreiben müssen.
Der Schlosshof bildet ein unregelmässiges Viereck von etwa
120 Fuss Breite bei ca. 210 Fuss Länge. Er ist sehr einfach
behandelt und nur durch mehrere stattliche Portale geschmückt.
In den vier Ecken sind Treppen angebracht, und zwar in der
nordöstlichen eine Spindel in achteckigem Stiegenhaus, die übrigen
mit rechteckig gebrochenen Läuten angelegt, wohl später ent-
standen als jene erstere. Im Uebrigen erhält man von der
schlichten Bauweise, die damals noch in diesen Gegenden all-
gemein herrschte, eine Vorstellung durch die hölzerne Ver-
bindungsgalerie, welche sich an dem linken südlichen Flügel
hinzieht. In der Ecke rechts führt ein kleines Portal zu der
schön construirten Wendeltreppe, die noch mittelalterlich geglie-
dert und mit der Jahrzahl 1537 bezeichnet ist. Dieser Theil fällt
demnach in die Regierungszeit Herzog Ulrichs, dem wir über-
haupt den Kern des ganzen Baues zuschreiben müssen. Das
Portal hat als Pilasterfüllung die Köpfe HannibaPs und Scipids,
mit der naiven Beischrift: "Hanabal deren von Afrika Hoptman.
Scipio deren von Rom Burgenmaister." Darüber ein gekröntes
Brustbild mit der Beischrift: „Julius Caser der erste römisch
Kaiser. Alter 46." Der obere Abschluss ist ein Flachbogen mit
Muschelfüllung. Zum grossen Saal, der den nördlichen Flügel
einnimmt, führt ein stattlicher angelegtes Bogenportal, dessen
Composition den Charakter der unausgebildeten Frührenaissance
Zeigt und wohl ebenfalls auf die Zeit Herzog Ulrichs zurückzu-
führen ist. Zwei Säulen mit ausgebauchten Schäftell und frei
behandelten korinthisirenden Kapitälen bilden die Einrahmung