18
Buch.
III.
Renaissance in Deutschland.
Allgemeiner
Thcil.
Rath zu Antwerpen dreihundert Philippsgulden Jahrgehalt ge-
boten habe, wenn er dort bleiben wolle. 1) Gewiss ein vollgültiger
Beweis, wie wenig die grössten deutschen Künstler damals auf
lohnende Anerkennung rechnen konnten. Ja selbst Holbein, ob-
wohl die Stadt Basel ihn ehrenvoll behandelte und mit ansehn-
lichen Aufträgen bedachte, zog es vor, minder an die Heimath
gefesselt als Dürer, reiehlicheren Erwerb draussen in der Fremde
zu suchen. Wie tief die Kunst in Deutschland damals in hand-
werklichen Schlendrian versunken war, wie schwer es den grossen
Meistern werden musste, sie daraus zu befreien und zu höherer
Geltung zu erheben, erkennen wir auch aus dem Vertrage, wel-
chen der Magistrat von Schwabach 1507 mit Michael Wohlgemuth
wegen des Hochaltars in der dortigen Stadtkirche abschlossß)
Der Meister muss sich darin verpflichten, „wo die Tafel an einem
oder mer Orten ungestalt wurd", so lange daran zu ändern, bis
sie von einer beiderseits ernannten Commission für nwolgestalt"
erkannt wird, „wo aber die Tafel dermassen so grossen Un-
gestalt gewinnt, der nit zu ändern were, so soll er soliche Tafeln
selbs behalten und das gegeben Gelt on abgang und schaden wi-
dergeben". So handwerklich wurden damals diese Dinge betrieben.
So wenig indess im Anfang dieser Epoche die Künstler selbst
in den grossen Städten Aufmunterung fanden, so sehr die Un-
ruhen der Zeit und der Kampf der Reformation mit ihren Geg-
ncrn' das allgemeine Interesse absorbirte, so wurden doch etwa
seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Städte gerade dieHaupt-
herde für die Entwickelung der Renaissance. Sie war einmal in
erster Linie die Kunst des heitern Lebensgenusses, die Kunst
einer in allgemeiner Bildung mächtig fortschreitenden Zeit; sie
war es in Deutschland weit ausschliesslicher und entschiedener
als in dem katholisch gebliebenen Italien. Und in der That, das
Leben der deutschen Städte begünstigte sie nach dieser Seite
bald in hervorragender Weise. Gerade den Städten kam die
neue Ordnung der Dinge vorzugsweise zu Gute. Sie hatten ihre
Selbständigkeit nicht bloss zu wahren, sondern meistens sogar
zu steigern gewusst. Die Gewerbthätigkeit blühte wie nie zuvor,
Die Handwerke, fussend auf der technischen Sicherheit und Ge-
dicgenheit, welche sie im Mittelalter durch die innige Verbindung
mit der Architektur gewonnen und durch den strengen Zunft-
verband bewahrt hatten, nahmen Theil an dem Aufschwunge der
Künste. Die Befreiung des Individuums führte auch hier zu er-
höhter Bedeutung der selbständigen Arbeit des Einzelnen. Die
Oampe's Reliqu. S.
halts St. IV., S. 476 fg.
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MeusePs neue Miscell.
artistisehen In-