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Schwaben.
Fürstliche Bauten.
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die bürgerlichen Kreise lange an dem heimisch vertrauten Holz-
bau mit Biegclwanden fest, von dessen Behandlung wir in
Fig: 82 von einem Hause in, Schwäbisch Hall- ein Beispiel
geben. In den südlichen Theilen des Landes kommt sodann die
Sitte der bemalten Facaden überall, wo das Baumaterial es cr-
heischt, zu lebendiger Anwendung. In Ulm wird eine schlichtere
Ausführung, theils grau in g-rau, thcils Sgraffito, theils blosse
Zeichnung mit verschieden behandeltem Putzbewurf gewählt.
Augsburg dagegen liebt in unmittelbarer Aufnahme italienischer
Farbenlust reich" bemalte Facaden in voller vielfarbiger Er-
scheinung. Betrachten wir nun die einzelnen Lokaleß)
Fürstliche
Bauten.
In Göppingen liess Herzog Christoph ein Schloss erbauen,
welches gegenwärtig nur in verstümmelter Gestalt noch vorhanden
ist. Das Portal trägt die Jahrzahl 1559. Trotz dieses Datums
sind die Formen noch ziemlich unentwickelt und deuten auf
einen Meister, der die Renaissance unvollkommen verstand. Die
Einfassung besteht wunderlicher Weise aus drei Pilastern mit
ziemlich plumper Ornamentfüllung, aber reich ausgeführt; Am
seltsamsten ist, dass die Pilaster auf rohe
Consolen gestellt sind, ein Vers
architektonischer Composition. Das Gesimse ist mit plump be-
handelten Wappenthieren bekrönt, und über dem Hauptg-ebalk in
der Mitte sind zwei verschlungene ungeheuerliche Drachengebilde
angebracht, die indess nicht, wie man wohl sagt, von einem
alten benachbarten Hohenstaufenbau entlehnt, sondern für diese
Stelle gearbeitet wurden. Das Werthvollste am Schlosse sind die
drei noch wohl erhaltenen Wendeltreppen, zwei derselben noch
mit gothischen Profilen, auch die Portale mit gothisch durch-
sehnittenen Stäben eingefasst. Ungleich reicher ist dagegen die
Ilaupttreppe, ein Prachtstück ersten Ranges; am Portal, das
die Jahr-zahl 1562 tragt, zwar wieder eine sehr missverstandene
Renaissance, die Treppe selbst aber in ganzer Ausdehnung mit
frei gearbeitetem Weinlaub bedeckt, das in den Ranken allerlei
Thiere, Vögel, Eichhörnchen, selbst Aifen, Eber und Anderes
enthält, dies Alles von köstlicher Erfindung, meisterlich kühn ge-
arbeitet, voll Anmuth und Frische. Das Werk verdient volle
L
1) Vgl. den werthvollen Aufsatz von Dr. Karlßlunzingfbr im Organ
für christl. Kunst 1860. Nr. l3_ ff. und. abgekurzt 1m Staats-Anzeiger für
Württemberg. 1860. S. 1674 tg.
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