Kap. IX.
Schwaben.
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giebt diesen Bestrebungen in einer Reihe ansehnlicher Bauten
lebensvollen Ausdruck. Unter ihm beginnt der Neubau des Alten
Schlosses in Stuttgart; das Schloss in Göppingen mit seiner
larächtigen Treppe und noch manche andere Schlösser werden
errichtet; die Alte Kanzlei in Stuttgart wird erweitert. Noch pracht-
voller sind die Unternehmungen Herzog Ludwig's des Frommen,
der sowohl durch seine theologischen Kenntnisse und seine un-
massige Trinklust, wie durch die glänzenden Bauten sich als
echter Sohn seiner Zeit beweist (1568-1593). Unter ihm ent-
stand das Landschaftshaus in Stuttgart, das Jagdschloss im
Kloster Hirsau, das Collegium illustre in Tübingen, vor Allem
aber das herrliche, erst in unsrem Jahrhundert abgerissene Neue
Lusthaus, das in der deutschen Renaissance seines Gleichen nicht
findet. Der prachtliebende und versehwenderische Herzog Fried-
rich I (1593-1608), weiterfahren und auf Reisen vielfach ge-
bildet, bringt diese 'l'hatigkeit zum Abschluss. Durch ihn erhielt
das Schloss zu Tübingen das prunkvolle äussere Portal; sodann
führte er den unter seinem Nachfolger Johann Friedrich vollen-
deten, jetzt nicht mehr vorhandenen Neuen Bau in Stuttgart auf;
weiter entstand unter seiner Regierung die Kirche sammt den
übrigen öffentlichen Gebäuden in Freudenstadt, interessant als
Beispiel einer planmassig durchgeführten Stadtanlage jener Zeit.
Auch der Prinzenbau in Stuttgart ist sein Werk. Mit ihm schliesst
die Bauthättigkeit der würtembergischen Fürsten in dieser Epoche,
denn Johann Friedrich, dessen Regierungszeit (1608-1628) in
den dreissigjahrigen Krieg hineinreicht, hat mit Ausnahme der
Lustgrotte in Stuttgart nichts Bedeutendes mehr ausgeführt, ob-
wohl er für den Bau von Schulen und andere gemeinnützige An-
lagen vielfach sorgte. Doch gestattete die schwere Zeit nur noch
das Nothwendige, nicht mehr das Schöne. Dagegen bietet gerade
für die Schlusszeit Augsburg mit den grossartigen Bauten des
Elias Holl eine wichtige Ergänzung des Gesammtbildes.
Der künstlerische Charakter dieser schwäbischen Gruppe hat
seine durchgebildete Eigenart. Zunächst kommt bei den Bauten
in den mittleren und unteren Landestheilen das treifliche Material
in Betracht. Der feinkörnige Sandstein, der hier überall bricht,
begünstigt nicht bloss die monumentale Anlage der Gebäude,
sondern auch eine bis in's Einzelne zierliche und reiche Aus-
führung. So kommt es, dass mehrere dieser lilonumßllfe an Ge-
schmack der plastischen Durchbildung zu den besten deutschen
Schöpfungen der Zeit gehören. Das oben abgebildete Portal vom
Landsghaftshaus in Stuttgart (Fig. 30 auf S. 160) sucht in Anmuth
und Adel der Formen seines Gleichen. Der abgebrochene Bau
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