Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

KQVIY 
VIII. 
Die lafälzischen Lande. 
Heidelberg. 
315 
Otto-Heinrichsbaues. Genial ist aber die Art wie der Architekt 
in den Grundzügen seiner Oonception sich seinem Vorgänger an- 
schliesst, in den hohen Fenstern des Erdgeschosses, der Doppel- 
theilung sämmtlieher übrigen Fenster, dem Statuenschmuck, wel- 
cher mit den Pilastern alternirt, endlich sogar den beiden auf- 
gesetzten Giebeln, und wie er doch dies Alles frei umbildet 
selbständig einem strengeren, consequenteren architektonischen 
Gesetz unterwirft, namentlich statt der spielenden Fenster- 
krönungen dort durchgängig Giebe1dächei' anwendet, ja wie er 
sogar die Statuennischen durch die über denselben vertretenden 
Consolen mit den architektonischen Gliedern in enge Verbindung 
setzt. Freilich verfiel er in einen andern Fehler, indem er die 
Pilaster mit solchen Nischen durchbrach, ein Fehler der bei ihm 
schwerer wiegt, weil seine Pilaster durch das scharfe Betonen 
der Vertikalen für das architektonische System seiner Faoade 
eine viel ernsthaftere Bedeutung ausdrücken als diejenigen am 
Otto-Heinrichsbau, welche nichts als eine zierliche Ausschmückung 
der Fläche bedeuten wollen. Aber ein solcher Mangel wiegt nicht 
schwer bei einer im Uebrigen so meisterhaften Composition, die 
unter den gleichzeitigen Werken wiederum ersten Ranges ist. 
Dass ansserdem die schlankeren Verhältnisse mit der ganzen 
Tendenz des Baues im Einklang stehen, braucht kaum angedeutet 
zu werden. 
Der bildnerische Schmuck entspricht auch hier dem derberen 
Charakter der Zeit und des Baues. In den Nischen stehen fürst- 
liche Standbilder in der massigen Tracht und der bewegten 
Haltung jener Epoche. Sie beginnen in der untersten Reihe mit 
dem Erbauer und seinen drei Vorgängern Johann Casimir, Lud- 
wig VI und Friedrich dem Frommen. In der zweiten Reihe finden 
sich Ruprecht I, Friedrich der Siegreiche, Friedrich II und Otto 
Heinrich. Die dritte Reihe bilden vier Könige aus pfälzisch- 
wittelsbachischem Stamme: Ludwig der Baier, Ruprecht von der 
Pfalz, Ludwig von Ungarn und Christoph II von Dänemark. An 
den Giebeln endlich sieht man Carl den Grossen, Otto von Wittels- 
bach, Ludwig I und Rudolph I. Zwischen den Giebeln steht die 
Statue der Gerechtigkeit. An Stelle der idealen Ausdrucksweise 
des Otto-Heinrichsbaues tritt hier eine mehr realistische im Dienste 
fürstlicher Hausinteresscn mit ihren gencalogischen Liebhabereien. 
Meister Sebastian Gözz aus Chur hat mit acht Gesellen die 
Bildwerke ausgeführt.  Im Innern ist das Erdgeschoss ganz 
von der Kapelle ausgefüllt, neben welcher nur ein Durchgang 
nach der grossen Terrasse geblieben ist. Die Kapelle ist ein ein- 
faehes Rechteck, durch stark nach innen vorspringende Strebe-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.