Geistes.
Die Renaissance des deutschen
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Bauunternehmungen, und es ist nicht vereinzelt, Wenn beim Bau
der Kirche zu Walkenried ein Bürger von Goslar den Wagen,
auf welchem er eine Fuhre Steine herbeigebracht hat, sammt den
Pferden der Kirche als Geschenk zurücklasst und sogar noch die
Peitsche hinzufügt in seinem Eifer, um nichts für sich zu be-
halten. Doch alle diese Handlungen und tausend ähnliche
haben nur einen religiösen Beweggrund, keinen künstlerischen.
Dagegen spricht sich in Italien in den zahlreichen preisenden
Künstler-Inschriften ein ästhetisches Interesse unverkennbar schon
im frühen Mittelalter aus. Auch die allgemeine Begeisterung, mit
Welcher in Florenz die vollendete Altartafel Cimabues 1) und in
Sicna die des Duccio 2) von der ganzen Stadtgenossensehaft und
der Klerisei in feierlicher Procession aus der Werkstatt des
Meisters abgeholt wird, lässt eine erregte Freude an der künst-
lerischen That nicht verkennen. In Deutschland wüssten wir
nichts Aehnliches dagegen aufzuführen, denn Wenn z. B. in Stolle's
Erfurtischer Chronik von den Feierlichkeiten berichtet wird, mit
Welchen man dort den Guss der grossen Domglocke durch die
Priesterschaft einweihtß) so ist darin wieder nur ein kirchlicher
Akt zu erkennen. Und wo hätten wir in Deutschland eine
Künstler-Inschrift wie jene, welche Guido von Siena auf sein
grosses Madonnenbild in San Domenico setzte mit dem anziehen-
den Gestandniss, dass er dies Werk „in angenehmen Tagen" ge-
malt habeß) "Ganz anders lautet, was wir unsererseits etwa
gegenüber zu stellen hatten, jener Klageruf, welchen der wackere
Lukas Moser von Weil im Jahre 1.431 auf seinem Altarschrein in
der Kirche zu Tiefenbronn ausstösst: „Schrie Kunst schrie" und
klag dich ser. Din begert jecz Niemen mer. S0 0 we". Wohl
dürfen wir darin mehr als die in allen Zeiten landläufigen Klagen
über künstlerische Lebensnoth vermuthen, wenn wir sehen, dass
fast hundert Jahre später kein Geringerer als Albrecht Dürer einen
ähnlichen Schmerzensschrei von Venedig aus erschallen lasst:
"Ü wie wird mich daheim nach der Sunnen frieren; hie bin ich
ein Herr, daheim ein Schmar0tzer".-") Und in einem Briefe an
den Rath zu Nürnberg sagt er ausdrücklich, dass er in dreissig
Jahren seiner Vaterstadt mehr umsonst denn um Geld gedient
und Ilißllt für fünfhundert Gulden Arbeit erhalten habe, während
die Herrn zu Venedig ihm zweihundert Dukaten und später der
Vasari ed. Lemonn. 1., 225. 1) Vasari, 11., was; Not. s. ß) Konr.
Stone: thüring. Erfurt. Chron. herausg. v. Hesse (Bibl. d. lit. Ver. XXXII)
S. 186. i) „Me Guido de Senis diebus depinxit anzenis." 5) Campds
Reliqu- S- 30 fg- NeueT Abdfllßk von A. v. Eye in v. Zahn's Jahrbüchern IV.
Kugler, Gesch. d. Baukunst. V. 2