Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

310 
Buch. 
III. 
Renaissance 
in Deutschland. 
Wer der erfindende Meister gewesen, wissen wir immer noch 
nicht; nur über die plastische Ausstattung sind neuerdings urkund- 
liche Nachrichten zu Tage gekommen. Demnach war es Alexander 
Colins von Mecheln, welcher laut Contraktl) vom 7. März 1558 
beauftragt wird, "alles gehawen Steinwerk nach einer darüber 
ausgestrichener, ufgerichter Visirung" auszuführen und die „Visi- 
rungen über eine jede doppelte oder zweyfache Thür"; nament- 
lich "die vier Säulen oder Pfeiler im grossen Saal und der Stuben 
sampt das Wapen ob der Einfahrt des Thores, die zwei grössten 
Bilder in beiden Gestellen und dann die sechs Bilder 0b den Ge- 
stellen, jedes von fünf Schuhen", auch "fünf grössere Löwen, 
item sechs mühesame Thürgestell so inwendig in den Bau kom- 
men, item sieben mittelmassig Thürgestell, sowie das Thürgestell, 
so Athoni Bildhawer angefangen, item die zwei Kamin in des 
Kurfürsten Kammer und im grossen Saal", alles dies "samt aller 
Bild gross und klein soll er persönlich hawen und hawen lassen" 
und zwar im Ganzen für 1140 Gulden. Sodann wird noch bei- 
gefügt, dass er noch 14 Bilder hauen solle, jedes für 28 Gulden 
und daneben 14 Fensterpfosten, jeden für 5 Gulden. Somit dürfen 
wir also den sämmtlichen plastischen Schmuck auf die Thittigkeit 
dieses ausgezeichneten belgischen Meisters, der sich am Monu- 
ment des Kaisers Max in Innsbruck als ebenso geschickter Meister 
in Miniaturdarstellungen erweist, zurückführen. Ob die beiden Bau- 
meister Caspar Fischer und Jacob Leyder, Welche bei dem Ab- 
schluss des Contrakts zugegen sind, vielleicht die entwerfenden 
und ausführenden Architekten waren, bleibt einstweilen dahin ge- 
stellt. Doch hat es viel Wahrscheinlichkeit für sich, weil sich 
ihre Gegenwart beim Abschluss des Contraktes kaum anders 
deuten lasst. Von ihnen werden also die "Visirungen" ent- 
worfen worden sein, auf welche man sich bei dem Vertrage 
überall bezieht. Jedenfalls müssen wir uns die Baumeister dieses 
Prachtwerkes als Männer denken, welche zum Mindesten Ober- 
italien kannten, denn auf ein selbständiges Verarbeiten dort 
empfangener Eindrücke deutet Alles. Dagegen ist es nicht min- 
der begreiilich, warum der feingebildete Bauherr für die plasti- 
schen Werke einen Bildhauer aus der Fremde berief, denn was 
deutsche Steinmetzen damals an Figürlichem leisteten, ist durch- 
weg noch ungemein plump und ungeschickt. Es mussten noch 
einige Decennien vergehen, bis auch die deutschen Bildhauer 
sich mit der fliessenden und eorrekten Darstellung der mensch- 
lichen Gestalt vertraut gemacht hatten. 
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Heidelb. 
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